
Bevor wir uns dem Thomas-Text widmen, welcher darstellt, dass die Acedia eine schwere Sünde, sprich eine Todsünde, ist, wollen wir ganz kurz darlegen, was man eigentlich unter einer Todsünde versteht, denn die „Jugend“, also alle nach dem Konzil geborenen und religiös sozialisierten, uns eingeschlossen, weiß es nicht mehr, weil es ihr niemand vermittelt hat. Die Darlegung soll nach dem Manuale Theologiae moralis von Hermes Peeters O.F.M. aus dem Jahre 1961,[1] ein kurzes Buch, welches sozusagen kurz vor dem Untergang erschien. Es stellt recht kurz und prägnant die thomistische und katholische Lehre dar, denn besser als thomistisch geht es nicht. Es stellt somit die katholische Morallehre dar, welche noch nicht vom Personalismus, Existentialismus, Pragmatismus, Subjektivismus und Relativismus angekränkelt und anschließen zerfressen wurde. Was wirklich vielen Menschen unklar ist: ohne das richtige philosophische Gerüst, zuerst das metaphysische natürlich, kann man zu keiner guten, im Sinne der göttlichen Ordnung entsprechenden Ethik und Morallehre kommen. Ohne Metaphysik geht es nicht. Man wirft sie durch die Tür raus und sie kommt uns durch das Fenster herein. Und deswegen war die angebliche Zerstetzung aller Metaphysik durch Kant, den “Schutzheiligen” der meist deutschsprachigen Häretiker, für die Theologie dermaßen zersetzend. Weil die objektive, also sich außerhalb des Subjekts befindende Welt, das berühmte Ding an sich, aufgehoben wurde. Jeder hat angeblich nur seine Kategorien, wir haben ähnliche und daher ist Erkenntnis überhaupt möglich. Sie ist aber nicht objektiv, sondern inter-subjektiv. So lautet die kantische Devise. Was natürlich kompletter Unsinn ist. Denn:
- gäbe es nichts “Draußen”, so würden wir nichts erkennen,
- jegliche Sprache und Kommunikation wäre aufgehoben, denn dem Satz: “Der Bus fährt vom Hauptbahnhof um 12.35 ab” müsste die Frage folgen: “Nach deinen oder meinen Kategorien, denn ich sehe es anders”,
- es gäbe überhaupt keine Wahrheit und zwar in keinem Bereich, auch nicht im mathematischen oder logischen, denn wir erkennen die Formeln ja auch durch unsere Kategorien,
- es gäbe überhaupt keine moralische Ordnung mit Sollen und Verbieten,
- und wir wären wo? Genau: bei hier und jetzt und der Political Correctness.
Deswegen hat die Kirche Kant schon sehr früh verurteilt, denn seine “Kritik der reinen Vernunft”, wurde mit dem Dekret vom 11.Juni 1827 auf den Index librorum prohibitorum gesetzt. Die katholische Kant-Kritik sparen wir uns für einen anderen Beitrag auf. An dieser Stelle bleibt zu sagen, dass ohne eine objektive, denn Gott gesetzte Ordnung bleibt der Begriff der Sünde sinnleer, denn diese hört dann auf ein objektiver Verstoß gegen objektive Normen zu sein, sondern bleibt nur im psychologischen “Sich-Schlecht-Fühlen” behaftet. Es bleibt nur zu fragen: Und wie fühlst Du Dich dabei? Fühlt er sich gut, weil er als Crack-Raucher Crack geraucht hat, dann ist ja alles gut. Er schadet zwar der Gesundheit oder Was-Gott-verhüten-möge “der Umwelt”, aber es ist für ihn “wichtig”. So in etwa lautet die “nachkonziliare Seelsorge”, die keine ist.
Aber es geht um die Ewigkeit, das ewige Seelenheil, welches spätestens im Augenblick des Todes nach der ewigen, göttlichen Ordnung gerichtet wird. Spätestens dann werden wir es wissen und zwar sicher. Und dann kann sich herausstellen
Sicherlich gibt es noch genauere Moraltheologien, wie bspw. die von Ernest Müller, aber wir wollen hier nur ganz kurz eine Einleitung liefern und nicht die ganze katholische Sündenlehre darlegen. An dieser Stelle soll die Unterteilung der Sünden und die Definition schematisch dargestellt werden, daher bitten wir diese Verkürzung zu entschuldigen. Wir werden uns dieser Thematik noch sicherlich widmen, aber alles zur seiner Zeit.
Der Anlauf zur Darstellung der Todsünde soll zuerst über die Definition der Sünde und über die Unterteilung der Sünden erfolgen. Wir können einerseits nicht diesem Blog mehr Zeit widmen, als wir es schon tun, andererseits handelt es sich um so wichtige Themen, derer Verkürzung nur Schaden bringt, da sicherlich viele Fragen entstehen. Das eine tuend, das andere nicht lassend, fahren wir, nach Peeters, fort.
Was ist eine Sünde?
Peccatum est transgressio obligationis quam Deus temporariis vel aeternis poenis puniendam sanciit.
„Sünde ist eine Übertretung einer Verpflichtung, welche Gott mit zeitlichen oder ewigen Strafen strafend sanktioniert“.[2]
Die Verpflichtung (obligatio) ist durch das göttliche Gesetz, welches in den Zehn Geboten, den Geboten des Evangeliums, den Kirchengeboten etc. positiv vorgegeben wurde.
Die Unterteilung der Sünden
Die Sünden unterteilt man in:
- Die Erbsünde (peccatum originale), welcher alle Menschen, außer Christus und der Gottesmutter Maria, unterliegen.[3]
Persönliche Sünde (p. personale)
- Aktuelle Sünde (p. actuale)
Während die Erbsünde eine eingeborene Neigung zum Sündigen und vieles mehr darstellt, ist die aktuelle Sünde die konkrete Sünde eines jeden Menschen. Die aktuelle Sünde ist also die Übertretung des Gebotes selbst oder der sündige Akt (ipsa transgressio seu actus peccaminosus)
Habituelle Sünde (p. habituale)
Dies ist eine bleibende Sünde, z.B. Zorn, aus der konkrete, aktuelle Sünden resultieren, z.B. Schlägereien. Nach Peeters „ist die habituelle Sünde der Zustand der Seele, in welchem der Wille zu seinem sündigen Akt hingeneigt bleibt (status animae in quo voluntas actu peccaminoso manet affecta)“. [4] Dieser Zustand (status), so Peeters weiter, beginnt mit einer aktuellen Sünde und endet mit einer aufrechten Buße.[5] Es bleibt hierbei zu sagen, dass es ein gewollter Zustand ist, es ist also kein Temperament oder persönliche Veranlagung. Im Zustand der habituellen Sünde befindet sich die Seele nach der Todsünde. Man kann es in etwa mit einem dauernden Infektionsherd vergleichen, aus welchem verschiedene Krankheiten resultieren.
- Formelle Sünde (p. formale) ist eine bewusste und gewollte Sünde (p. voluntarium).
Materielle Sünde (p. materiale) ist eine unbewusste Handlung, welche, wäre sie bewusst, ein Sünde wäre.
- Äußere Sünde (p. externum) ist eine Sünde welche mit einem äußeren Vermögen (Wort oder Tat) verwirklicht wird.
Innere Sünde (p. internum) ist eine Sünde, welche im Innern bleibt und nicht auch Außen manifestiert wird, z. B. stiller Neid.
- Todessünde oder schwere Sünde (p. mortale seu grave), womit die heiligmachende Gnade zerstört wird und der Seele das übernatürliche Leben, d.h. das Gnadenleben tötet.
Lässliche Sünde (p. veniale), welche die heiligmachende Gnade nicht zerstört, sondern vermindert und für das Seelenleben nicht todbringend ist.
- Eigene Sünde (p. proprium), diejenige Sünde, die man selbst begeht.
Fremdsünde (p. alienum), welche zwar von jemand anderem begangen wird, durch die man dennoch selbst sündigt, weil man sie zugelassen, sie veranlasst oder bei ihnen mitgeholfen hat.
- Sünden des Unwissens (p. ignorantiae), welche man unwissentlich begannen hat.
Sünden der Schwachheit (p. fragilitatis), welche man begangen, obwohl man ihnen widerstanden hat (resistente secundum quid).
Sünden der Bosheit (p. malitiae), welche man bei vollem Bewusstsein und willentlich begangen hat (cum plena conscientia et voluntate).
Diese Sünden haben aufgrund der besonderen Bosheit (malitia) besondere Namen:
Sünde wider den Hl. Geist (in Spiritum Sanctum): begangen aufgrund der formellen Verachtung für das übernatürliche Gut. Es gibt sechs solche Sünden:
- Vermessene Hoffnung auf das Heil ohne Verdienste (praesumptio)
- Verzweiflung am Heil (desperatio)
- Zurückweisung der erkannten Wahrheit (impugnatio veritatis agnitae)
- Neid auf die Gnadengabe eines anderen (invidentia fraternae gratiae)
- Verstockung in den Sünden (obstinatio)
- Unbußfertigkeit bis zum Tod (impoenitentia)
Himmelsschreiende Sünden (in caelum clamantia), deren Bosheit (malitia) und die Zerstörung der natürlichen sozialen Ordnung enorm ist. Es gibt derer vier:
- Mord (homicidium)
- Somodie/Homosexualität (sodomia)
- Unterdrückung von Waisen und Witwen (oppressio orphanorum et viduarum)
- Vorenthalten des Lohnes, der den Arbeitern geschuldet ist (retentio mercedis operariis pauperibus debitae)
Hauptsünden (p. capitalia), welche die Wurzel vieler anderen Sünden sind. Es gibt derer sieben:
- Ruhmsucht/Stolz (inanis gloria/superbia)
- Neid (invidia)
- Habgier/Geiz (avaritia)
- Zorn (ira)
- Wollust (luxuria)
- Völlerei (gula)
- Geistige Trägheit (acedia).
Im nachfolgenden Eintrag wollen wir ganz kurz die Todsünde definieren und besprechen, also bleiben Sie dabei und schauen Sie vorbei.
[1] Peeters, H., Manuale theologiae moralis, Bd. 1, Marietti: Roma 1961, 176-204.
[2] Ebd., 176.
[3] Aufzählung nach Peeters, 177-178.
[4] Ebd., 177.
[5] Ebd.
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