
Joseph Görres und das katholische Deutschtum
Da, wie bereits erwähnt, die fast gesamte deutschsprachige Geschichtsschreibung vom Primat und der absoluten Gutheit der Französischen Revolution ausgeht, hegelianisch oder nur pekuniär-pragmatisch unterfüttert, so sind Abhandlungen zu denjenigen Autoren, welche nicht der breiten Straße der Geschichte folgten, sehr dürftig. Der Schreiber dieser Zeilen hat die überaus reiche Görres-Sekundärliteratur weder gelesen noch ausgewertet, er geht aber davon aus, dass er mit seiner Anfangsthese nicht so falsch liegen kann. Görres wird höchstens als ein Mann seiner Zeit gewürdigt, der sich der Französischen Revolution, und somit der „Moderne“, entgegenstellte irgendwie aber selbst modern war. Als Beispiel dieser Einstellung soll das Fazit aus der Wikipedia dienen:
Görres war einer der einflussreichsten (katholischen) politischen Publizisten der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts. Seine Motivation, eine christlich inspirierte Demokratie in einem vereinten Deutschland zu schaffen, veranlasste Görres in einer späten Publikation, eine anti-judaistische Position einzunehmen. In dem von ihm gemeinsam mit dem Kirchenrechtler Georg Phillips herausgegebenen Pamphlet Der ewige Jude in Sachsen und das Concil in Schwaben sind entsprechende Tendenzen zu erkennen (in: Historisch-politische Blätter für das katholische Deutschland, Bd. 16, 1845, S. 503–505). Sie wurden nach Görres’ Tod kaum mehr beachtet, da sie in seinem Gesamtwerk keine Rolle spielen. Hier zeigte sich Görres vielmehr tolerant und aufgeschlossen gegenüber andersartigen Kulturen, die er systematisch und mit großem Eifer erforschte (Mythengeschichte der asiatischen Welt). Der Katholik vertrat dabei die These, dass sich kulturelle Besonderheiten und Mentalitäten in den politischen Systemen widerspiegeln sollten.
Andere Görres-Hommagen sprechen ähnliche Sprache, eine moderne eben. Wir wollen uns hier nicht dem gesamten und überaus reichen Görres-Werk widmen, wollen aber dennoch diesen Namen im Zusammenhang der Maxime
„Am deutschen Wesen mag die Welt genesen“
nennen. Warum? Weil Görres durch seine komplette Enttäuschung durch die Französische Revolution und den Kult des Menschen erst katholisch wurde, was der mit vielen Konvertiten der nachnapoleonischen Zeit in Deutschland teilte. Thomas Mann schildert diese Bewegung in seinem Roman „Lotte in Weimar“, wo er eine Person sagen lässt, dass ihr
„das Römische doch näher als das Wittenbergsche sei“.
Ja, genauso ist es: das Römisch-Katholische ist das Allgemeine, das Protestantisch-Wittenbergsche ist das Provinzielle. Wir glauben, dass wir alle diese Lektion durch die kommende Abschlachtung der Europäer durch den Islam lernen werden, durch den Islam, der „zu Deutschland gehört“ und den Mutti Merkel noch zusätzlich nach Deutschland holt, damit er noch mehr zu Deutschland gehört. Was Görres Größe ausmacht und für die katholische Kirche groß macht ist sein monumentales Werk Christliche Mystik, welches auf amerikanischen Servern auf Deutsch in altdeutscher Schrift zum downloaden bereit steht. Falls wir nichts übersehen haben, so besteht dieses Werk, in seiner Ausgabe von 1842, aus sieben nochmals unterteilten Teilen, wobei der vierte Teil aus vier Unterteilen 4.1 bis 4.4 besteht.[1] Der Schreiber dieser Zeilen hat noch nicht die gesamte Christliche Mystik gelesen, er hat jedoch tatsächlich alle Seiten des vierten Teiles zusammengerechnet:
4.1 – 424 Seiten
4.2 – 712 Seiten
4.3 – 779 Seiten
4.4 – 712 Seiten
Insgesamt: 2627 Seiten. Und was ist am vierten Teil so besonders? Das, dass er überaus genau von der Besessenheit, Umsessenheit und anderen paranormalen Phänomenen handelt. Was macht das Werk von Görres aus? Die deutsche Gründlichkeit, mit welcher er alte mittelalterliche Quellen hinsichtlich der Besessenheit auswertete und übersetzte, was zu dieser imposanten Seitenzahl führte. Die Christliche Mystik von Görres ist also eine quellenfundierte Enzyklopädie des Übernatürlichen, in welcher man nachschauen kann, ob bestimmte paranormale Phänomene, wie sie tagtäglich in der Esoterik stattfinden und von welchen Exorzisten berichten oder manche Menschen am eigenen Leib erfahren (manche schreiben uns deswegen auch an), schon in der Menschheitsgeschichte erwähnt wurden. Ja, das wurden sie und Görres berichtet darüber.
Diese Quellenbelege bilden, unserer Meinung nach, das eigentlich Positive des dargestellten Werkes, dann das philosophische Rahmenwerk ist leider recht dürftig, nicht scholastisch, vom deutschen Idealismus und der Naturphilosophie Schellings leider verseucht, sodass Görres leider ins Psychologisieren gerät und irgendwie, obgleich nicht expressis verbis, all diese Phänomene, deren Wirklichkeit er nicht bezweifelt, zu einer Manifestation des Ichs qua Manifestation der verschiedenen Seelenkräfte erklärt. Wir mögen diese Erklärungsversuche nicht, da sie irgendwo bei Freud und C.G. Jung enden und dem Dämonischen jegliche objektive und subjektunabhängige Realität absprechen. Ferner erinnern manche Erklärungsversuche von Görres an das, leider Gottes, recht gnostisch angehauchte Oeuvre von Hildegard von Bingen. Es ist alles andere als scholastisch-präzise, vielleicht nicht an sich ganz falsch, aber eben wenig kommunikativ und theologisch verwertbar. Der Schreiber dieser Zeilen ist auf Seite 134 von 424 des 4.1 Bandes, welches von der Besessenheit handelt, angelangt und ist von der Quellenfundierung der dargestellten Fälle begeistert, zumal er Literatur findet, welche den Ausgangspunkt zur weiteren Forschung bietet. Da der Schreiber dieser Zeilen auch wissenschaftlich arbeitet und schon manch ein Quellenstudium betrieben hat, ist er auch in der Lage das enorme Arbeitspensum zu beurteilen, welches dem Auffinden einer einzigen Quellenperle zugrundeliegt.
Ja, ein Historiker oder Geisteswissenschaftler ist wie ein Goldwäscher: er wäscht, wäscht und wäscht, bis ihm ein größerer oder kleinerer Goldklumpen in die Hände fällt. Man ist wirklich allein, mit Büchern und in Büchern „vom wahren Leben“, wie es die Pastoralassistentin ausdrücken würde, abgeschottet und wird wirklich von fast allen verlacht. Man findet manchmal jahrelang nichts oder nur wenig. Und 2627 Seiten über ein Thema zu schreiben, in einer Zeit, wo man noch mit der Feder schrieb, diese Seiten druckreif vorzubereiten ist ein immenses Unterfangen.
Es sind hauptsächlich die Deutschen des XIX Jhdt., welche auf allen Ebenen des Wissens solch eine Arbeitsleistung hinlegten: Theodor Mommsen (römische Geschichte), Gebrüder Grimm (Märchen, deutsche Grammatik, Wörterbuch der deutschen Sprache), Alexander von Humboldt (breitgefasste Naturforschung) und viele, viele mehr. Und all diese Leute waren verheiratet, hatten Kinder, arbeiteten im Staatdienst und schafften es dennoch. Man könnte noch andere Namen aus anderen Wissenschaftszweigen anführen und es sind fast immer nur deutsche Namen, welche dermaßen gute und genaue Grundlagenforschung darlegten und Standards der Wissenschaftlichkeit setzten. Ja, in diesem Bereich gilt wirklich der Ausspruch: „Am deutschen Wesen mag die Welt genesen“, denn in anderen Ländern ist es wirklich weniger gründlich. Sie, lieber deutscher Leser, können wirklich auf die Leistungen des Deutschtums stolz sein, obwohl sie diese wahrscheinlich, im Gegensatz zu einem Ausländer, nicht kennen werden.
Warum ist Görres wichtig?
Die Christliche Mystik von Joseph Görres, insbesondere ihr vierter Teil, ist insofern wichtig, weil sie uns als ein Nachschlagewerk oder ein Fachbuch für Differentialdiagnostik für Fälle der dämonischen Besessenheit (possessio) oder Umsessenheit (circumsessio) dienen wird. Warum dies? Weil wir nach der katholischen Lehre von:
- Existenz Gottes,
- Existenz der Engel
- Der guten Engel
- Der gefallenen Engel, scil. der Dämonen
ausgehen.
Die gefallenen Engel haben durch die Zulassung Gottes und aufgrund der Sünden der Menschen die Möglichkeit, auf die Welt und die Menschen als malum physicum einzuwirken. Aufgrund der Tatsache aber, dass seit 1965 die Kirche fast alle antidämonischen Waffen aus der Hand gelegt hat, solche wie:
- Die Tridentinische Messe
- Andere Sakramente im Vetus Ordo
- Sakramentalien
- Reliquienkult
- Vieles mehr
so wüten die Dämonen wie niemals zuvor. Die große Botschaft von La Salette hat es vorausgesagt, die Kirche Satans in Los Angeles, nur ein Jahr nach dem Konzil im Jahre 1966 gegründet, Satanismus und die Zunahme von Besessenheit und Umsessenheit ist leider eine Tatsache, worüber wir mehr als einmal geschrieben haben.[2] Unsere beiden Redaktionen schreiben Menschen an, welche am eigenen Leib paranormale Phänomene erfahren, wir erfahren sie manchmal auch und es ist wirklich nichts Angenehmes. Nein, wir sind nicht psychisch krank und durchaus zurechnungsfähig, dies sind leider Tatsachen, an die wir selbst nicht glaubten, bis es uns widerfuhr. Das Problem mit der Abwehr des Dämonischen aber besteht darin, dass auch im Falle, dass man daran glaubt, weil man es erfährt, kaum irgendwoher theoretische oder praktische Hilfe erfahren kann. Warum?
- Weil nur wenige theologisch fundierte Werke über Exorzismen geschrieben worden sind.
- Weil fast alle Beispiele für Besessenheit oder Umsessenheit aus den Heiligenlebensläufen stammen.
Ad 1.
Die erste Aussage kann man vielleicht insofern relativieren, dass der Schreiber dieser Zeilen nur von wenigen Werken weiß, die er für theologisch korrekt und empfehlenswert hält diese wären:
a. Girolamo Menghi O.F.M, Flagellum daemonum, Bologna, G. Rossi, 1577.
b. Theobald Bischofsberger, De benedictionibus et exorcismis ecclesiae catholicae. Libri duo. In Suevica Gemunda 1854.
c. Poulain, A. S.J, The Graces of Interior Prayer. A Treatise on Mystical Theology, Cap. XXIV, Westminster 1949.
Alle drei sind im Internet einzusehen, leider aber nicht auf Deutsch. Die Bücher b. und c. liefern den theologischen Hintergrund, das Werk von Pater Menghi außerdem noch das Handwerk des Exorzisten. Leser, die hier haarsträubende Geschichten erwarten, werden enttäuscht sein. Es sind sehr nüchterne, scholastische Schriften, mathematisch präzise und daher wahr. Dem Dämon ist am besten mit Logik beizukommen, niemals mit Gefühl. Dennoch haben all die o.a. Werke den Nachteil, von Pater Poulain SJ abgesehen, dass sie kaum Fälle der dämonischen Umsessenheit abdecken, mit welchen die allermeisten von uns zu tun haben. Besessenheit ist nach wie vor selten. Alle haben jedoch den Nachteil, dass sie keine Beispiele aus dem Leben von normalen, also nicht heiliggesprochenen Leuten bieten. Warum? Weil, wenn Sie auch auf einen gläubigen und einigermaßen in mystischen Literatur belesenen Beichtvater treffen sollten, so wird er Ihnen sagen:
„Umsessenheit (circumsessio)? Ha, ha… Machen Sie sich nichts vor, schmeicheln Sie sich nichts. Das ist höchstens großen Heiligen passiert: Pfarrer von Ars, Pater Pio […], aber nicht Ihnen. Es sind die Nerven, wissen Sie.“
Ein Beichtvater, der es gut mit Ihnen meint, lässt Sie spazieren gehen, ein anderer wird Sie zum Psychiater oder Psychologen schicken. Denn wird es nichts fruchten, weil die Diagnose falsch ist. Bei geistlichen Symptomen helfen geistliche Mittel, bei körperlichen Symptomen – körperliche Mittel. So einfach ist es. Wir werden noch mehr als einmal darüber schreiben. Das Problem besteht aber darin, dass ein Beichtvater, der es überhaupt mit seiner Berufung Ernst meint, wirklich kaum Werke finden kann, wo:
- Besessenheit (possessio) oder
- Umsessenheit (circumsessio)
historisch glaubwürdig beschrieben worden ist. Wenn wir aber davon ausgehen, dass der Teufel existiert und wirkt und das Letztere höchst effizient tut, so muss er denselben modus operandi haben, den wir zu entdecken haben. Und es ist Görres, der als einziger, wenigstens in der deutschen Sprache und überaus reichlich (2672 Seiten) solche Fälle beschreibt. Wenn wir also in der Zukunft eine These bezüglich einer dämonischen Aktivität vorlegen werden, so wird dies auf folgende Art und Weise stattfinden:
- Es ist etwas passiert.
- Dies ist dämonischen Ursprungs.
- Dies ist theologisch möglich.
- Bei Görres sind Präzedenzfälle beschrieben worden.
Sicherlich werden wir mit der fortlaufenden Lektüre von Görres und seiner Quellen immer kundiger werden, aber wir haben mit seiner Christlichen Mystik einen Anfang gefunden.
[1] Inhaltsverzeichnis einer früheren Ausgabe findet sich hier: http://www.etika.com/d18b/18b6.htm
[2] Vgl. https://traditionundglauben.com/?s=Satanismus https://traditionundglauben.com/?s=Besessenheit
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