
Damit Gott sich irgendwo oder bei irgendjemand sozusagen “wohnlich” niederlassen kann, muss er seine künftige Wohnstätte sich selbst zubereiten. Der Psalm 45:5 sagt:
sanctificavit tabernaculum suum Altissimus
der Höchste hat sein Zelt geheiligt.
Bevor sich die Seele mit Gott vereinigen kann, wird manches, was ihre Vergeistigung anbelangt, auch dem Körper zuteil, weil, solange wir leben, die Seele mit dem Leib vereinigt ist. Daher der Zustand der Extase, der den Weg der Erleuchtung – via illuminativa – einleitet und das Tor zu den höheren mystischen Zuständen darstellt. Pater Poulain bringt Zeugnisse des Zustandes, welche der Extase erstmal vorangehen. Dieser Zustand ist in etwa mit der Morgendämmerung zu vergleichen, wo die Nacht schwindet und die ungeübten Augen anfangen im Tageslicht bestimmte Konturen wahrzunehmen. Mystiker sprechen von einer “nicht sichtbaren Gegenwart”, die nicht dauernd ist und die sozusagen erst mit dem neuen Sinn, der sich bildet, ertastet werden muss.
Nur wenige Seelen gelangen zu diesem Zustand. Warum? Weil sie es nicht wollen. Weil sie die Mühen und Strapazen des Weges der Reinigung, der noch ausführlich in diesem Buch beschrieben werden wird, nicht auf sich nehmen wollen. Man muss auch in der schlimmsten Bedrängnis
“in steter Dankbarkeit den Strom der Gnaden auf [Gott] zurückleiten”,
wie sich die hl. Gertrudis ausdrückt. Man kann an jeder Etappe Gott Nein sagen und das tun die meisten. Das zweite Stück Kuchen im Kaninchenzuchtverein ist dann die einfachere Lösung.



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