
Pater Poulain SJ stellt hier das geistige Sehen und Hören vor. Diese Begriffe sind nicht metaphorisch, sondern real zu verstehen. Wie wir im Himmel die Anschauung Gottes haben werden in der Visio beatifica, d.h. ein Sehen von geistlichen Objekten und Inhalten, denn Gott ist ja rein geistig, so gibt es auch in der mystischen Erfahrung, die gleichsam eine Vorwegnahme des Himmels darstellt, ein geistiges Sehen. Die Mystiker sehen die Visionen entweder äußerlich mit ihren Augen oder innerlich mit ihrer Vorstellungskraft und ihrem Intellekt. Gäbe es kein geistiges Sehen, dann gäbe es auch keine Visionen und umgekehrt.
Es gibt auch ein geistiges Reden, auch wenn es wortlos erfolgen kann, wie bei intellektuellen Visionen, so man gleich das Ergebnis hat, ohne die vorherige Rede gleichsam gehört zu haben. Hl. Theresia von Avila schreibt recht ausführlich über diese Art der Mitteilung Gottes, die eine Rede ist.
Und warum erfahren wir es nicht?
Weil der mystische Weg sehr selten ist und weil Sie liebe Leserin und lieber Leser einfach zu wenig beten, wenn man den zeitlichen Aufwand betrachtet. Wie richtig Pater Poulain SJ schreibt, kann man zwar Mystik nicht erzwingen, aber nach einem gewissen Gebetspensum kommt man automatisch wenigstens zum Gebet der Ruhe, was den Vorhof der Mystik bildet. Daher gibt es vor dem XVI Jhds. kaum Traktate über die Methode des Gebets, weil die geistlichen Stände viel längere Breviere hatten als nach dem Tridentinum, sodass sie automatisch in die höheren Gebetszustände kamen.


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