
Wenn das Werk gut ist, so stellen sich die Fragen nach seinem Verfasser. Die Biografie oder die Autobiografie sollte am Ende, nicht am Anfang eines Werdegangs stehen. Daher ist es nicht verwunderlich, dass Augustinus seine “Bekenntnisse” am Ende seines Lebens schrieb, Paris Hilton, wenn der Vergleich erlaubt sein möge, ihre Autobiografie schon mit 25 verfasste. Der Werdegang von Pater Suitbert Bäumer OSB, den man bei den unten angefügten Scans selbst nachlesen kann, ist ein innerer und kein äußerer. Wahrscheinlich hat im Laufe der Jahrhunderte kein anderer Orden so sehr zur Wissenschaft beigetragen als die Benediktiner es taten, zumal sie es seit 1500 Jahre tun. Der Grund für diese unablässige Fruchtbarkeit ist die berühmte benediktinische stabilitas locii, d.h. das Verbleiben an demselben Ort, sprich in einem und demselben Kloster, sowie der strikte äußerer Rahmen, welche die praktizierte, vorkonziliare (ja, ja, leider nicht die nachkonziliare) Regel auferlegt. Auch der schreibende Benediktiner hat die Gebete zu verrichten, Handarbeit auszuführen, sodass ihm pro Tag vielleicht, mit einem besonderen Dispens des Oberen, 2-3 h für das Schreiben verbleiben. Dies ist aber auch das Maximum der wirklich kreativen Tageszeit, was viele Schriftsteller und Wissenschaftler bestätigen können. Arbeitet man mehr pro Tag, so führt dies langfristig zu einer Überbelastung, die, was man wirklich an allen möglichen Fakultäten bestätigt findet, zu psychosomatischen Krankheiten und Erschöpfungszuständen führt. Vielleicht hat auch Pater Bäumer OSB am Ende seines Lebens schlecht mit seinen Kräften gehaushaltet, so dass er vielleicht zu früh von uns geschieden ist.
Für den Leser seines Werkes stellt sich dennoch die Frage, wie jemand eine solch hohe Qualität, bei so wenig Zeitaufwand und Konzentration auf das Eine bewerkstelligen konnte? Die Antwort lautet: Indem man sein ganzes Leben lang diese Fragen erörtert und die Liturgie einfach lebt. Dank der eingehaltenen Klosterdisziplin und des verhältnismäßig späten Erfolges konnte Pater Bäumer der Versuchung vieler Schaffenden widerstehen irgendwelchen äußeren Vortragstätigkeiten nachzugehen, mit dem neuesten Buch auf Tour zu gehen und verschiedene Radiosender oder Fernsehstationen zu frequentierten, welche es zu seinen Lebzeiten noch gar nicht gab. Man sagt, dass man dazu gezwungen wird. Dies ist aber nicht wahr. Man kann immer “Nein” sagen. Das Schreiben, besonders das wissenschaftliche Schreiben, ist eine innere und keine äußere Tätigkeit. Sie ist auch eine Angelegenheit der Objektivität, nicht des Kreisens um das eigene Ich. Betrachtet man die aufreibende, äußere Aktivität und eigentlich den Aktivismus vieler, wenn nicht gar aller nachkonziliaren Theologen, so fragt man sich, wie sie überhaupt bei alldem vielen Schafen und Tun zu einem tieferen Gedankengang kommen konnten. Sie konnten nicht und taten es auch nicht. Denn vergleicht man die Schriften von Karol Wojtyła, Johannes Paul II, Delumaeus, Congar, Ratzinger, Lubac, Urs von Balthasar, um hier die mehr oder weniger orthodoxen zu nennen, mit den Schriften der Kirchenväter, der Scholastiker oder der Theologen der Gegenreformation, so wird die spirituelle Oberflächlichkeit der Ersterer und die Tiefgründigkeit Letzterer deutlich. Aber auch wissenschaftlich, was die Dichtheit des Diskurses anbelangt, stehen die Älteren vor.
Der italienische Philosoph Romano Amerio nennt die Krankheit unserer Zeit den Mobilismus. Eine Krankheit, die in uns leider der heilige Johannes Paul II explizit vorgelebt hat. Hat denn tatsächlich sein wohl unübertroffener Aktivismus der Kirche langfristig genutzt und diese gestärkt? Wohl kaum. Denn, wie man so schön sagt, “ist die Katze aus dem Haus, tanzen die Mäuse”. Und die Mäuse im Vatikan tanzten schon damals und tanzen jetzt, wie man am gegenwärtigen Pontifikat erkennen kann, da durch die ganze Herumreiserei des polnischen Papstes, sich langfristig in der römischen Kurie Geistliche ansiedeln konnten, siehe Vakileaks und die berühmte Homo-Lobby, welche langfristig und beständig ihre negative und destruktive Agenda realisieren konnten, derer Früchte wir heute beobachten können. Der Gerechte im ersten Psalm wird ja mit einem Baum am Fluss verglichen, wogegen die Sünder mit dem herumgewirbelten Staub gleichgesetzt werden. Uns allen soll dies eine Lehre sein nicht allzu viel nach einer äußeren Tätigkeit zu streben.
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