Tradition und Glauben

Der hl. Evangelist Johannes – der vom Herzen des Herrn getrunken hat

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Die heutige Liturgie feiert am 27.12 das Fest des Evangelisten Johannes. Ein Fest, welches ab der Reform von 1955 durch den Sonntag der Weihnachtsoktave gleichsam zugedeckt wird. Dies bedeutet, dass im Falle, dass das Johannesfest auf einen Sonntag fällt, die Messe vom Sonntag und das Brevier vom Sonntag gelesen werden. War es denn früher anders? Ja, denn bis zu den „Reformen“ von 1955 waren manche Heiligenfeste höher gestuft als ein Sonntag. Dies gilt ja auch heute beispielsweise für Weihnachten. Fällt es auf einen Sonntag, dann feiern wir Weihnachten und nicht einen Sonntag. Das die Heiligen den konkreten Weg der Christusnachfolge zeigen, daher waren sie und ihre Feste allen Häretikern und „Reformern“ ein Dorn im Auge. Nach den protestantischen Reformatoren waren es die Jansenisten, welche sehr lange sich darüber ärgerten, dass angeblich die Heiligenfeste die Sonntage „zudecken“. Diese Tendenz die Heiligenfeste durch Sonntage zu eliminieren ist expressis verbis vom Pius VI. in der Konstitution Auctorem fidei verurteilt worden, welche sich mit den Irrlehren der Synode von Pistoia (1794) auseinandersetzte. Diese Verurteilung lautet wie folgt:

„74. Die Entscheidung der Synode, die über das Jahr hin festgelegten Fest auf einen Sonntag zu verlegen …“. (DH 2674)

Leider muss man feststellen, dass wirklich fast alle verurteilten Sätze der Synode von Pistoia nach dem letzten Konzil offiziell Einzug in die Kirche hielten und zu dem jetzigen Zusammenbruch führten. Aber dies werden wir an einer anderen Stelle besprechen, obwohl sich der häretische Strang: Protestanten, Jansenisten, „Konzilsreformer“ wirklich sehr gut liturgisch nachverfolgen lässt, wovon schon Dom Guéranger berichtete, der nur die Ähnlichkeit zwischen den Protestanten und den Jansenisten kannte.

Bis 1955 wurde also sowohl im Brevier als auch in der Messe am 27.12 der heilige Johannes gefeiert. Der Lieblingsjünger Christi gleich nach dem ersten Märtyrer, der sogleich nach dem Weihnachtsfest zelebriert wurde. Die Liturgie lässt uns einfach nicht in der Weihnachtstimmung schwelgen, denn der Glauben ist keine Stimmung. Sie zeigt zuerst den Preis der wahren Nachfolge Christi – das Märtyrium. Sie zeigt auch das Vorbild des besten Bekenners, der der hl. Johannes der Evangelist hat als einziger unter allen Aposteln sein Leben nicht als Märtyrer beendet. Da Johannes als einziger den Mut zum Märtyrium unter dem Kreuz bewies, schenkte ihm der Herr ein wirklich langes Leben, denn die fünfte Lesung des zweiten Nokturns der heutigen Matutin des Tridentinischen Breviers, welche leider noch nicht auf divinum officium ins Deutsche übertragen wurden,[1] spricht davon, dass der hl. Johannes 68 Jahre nach dem Tod Christi in Ephesus gestorben ist. Dies wäre also im Jahre 101, da Christus, nach unserer Zeitrechnung, im Jahre 33 gestorben ist.[2] Da Johannes beim Tode und Auferstehung Christi ein Jüngling war, was in der Antike einen Mann unter 40 bedeutete, aber wahrscheinlich um die 20 Jahre alt oder älter war, so ist er wirklich sehr alt geworden und war bei seinem Tode sicherlich über 90 Jahre alt.

Das heutige Brevier preist vor allem zwei Eigenschaften Johannes:

  • seine Jungfräulichkeit,
  • seine Christusnähe.

Das eine resultiert aus dem anderen. Denn nur er, Johannes, war würdig auf der Brust Christi zu ruhen. Die kurzen Responsorien des ersten Nokturns, die nach den Lesungen rezitiert werden und Gott sei Dank in allen vorkonziliaren Brevieren beibehalten wurden, sprechen wie folgt:

R. Valde honorandus est beatus Joannes, qui supra pectus Domini in cena recubuit:
* Cui Christus in cruce matrem virginem virgini commendavit.
V. Virgo est electus a Domino, atque inter ceteros magis dilectus.
R. Cui Christus in cruce matrem virginem virgini commendavit.

R. Hochgeehrt ist der heilige Johannes, der auf der Brust des Herrn beim Abendmahl geruht hat * Welchem Christus am Kreuz die jungfräuliche Mutter übergeben hat, einer Jungfrau.

V. Die Jungfrau [Johannes] ist vom Herrn ausgewählt worden und war unter den anderen [Aposteln] am meisten geliebt.

R. Welchem Christus am Kreuz die jungfräuliche Mutter übergeben hat, einer Jungfrau.

 

Natürlich kommt unsere deutsche Übersetzung nicht an das Wortspiel, die Präzision und der Knappheit des Lateinischen heran. Und zwar aufgrund der Eigenart der beiden Sprachen. Johannes war jungfräulich, eine Jungfrau (virgo). Da er als einziger unter den Aposteln jungfräulich war, so war ihm diese körperliche Nähe mit dem ebenfalls jungfräulichen Christus gegeben. Natürlich wird in unserer Zeit alles Reine und Keusche in den Dreck gezogen und welcher Mann überhaupt oder junger Mann wird schon zugeben, dass er eine Jungfrau ist? Aber gerade die Jungfräulichkeit des Evangelisten Johannes macht seine Nähe sowohl zu Christus als auch zu Maria, der Jungfrau, möglich. Denn wörtlich heißt es weiter: „einer Jungfrau [Johannes] hat er [Christus] eine Mutter Jungfrau [Maria] übergeben (matrem virginem virgini commendavit)“. Dem Reinen die Reine.

Das nächste Responsorium, welches nach der zweiten Lesung des ersten Nokturns gelesen wird, konzentriert sich auf das Johannesevangelium, welches eine Frucht seiner Gottesnähe und Jungfräulichkeit ist.

R. Hic est discipulus ille, qui testimonium perhibet de his, et scripsit haec:
* Et scimus quia verum est testimonium ejus.
V. Fluenta Evangelii de ipso sacro Dominici pectoris fonte potavit.
R. Et scimus quia verum est testimonium ejus.

R. Dies ist jener Jüngling, der ein Zeugnis darüber ablegt und dies geschrieben hat: * Und wir wissen, dass sein Zeugnis wahr ist.

V. Die Ströme des Evangeliums hat er von der heiligen Quelle des Herzens des Herrn selbst getrunken.

R. Und wir wissen, dass sein Zeugnis wahr ist.

Der erste Vers des Responsoriums stellt Joh 21, 24 also das Ende des Johannesevangeliums dar, wo der Evangelist in der dritten Person von sich sagt: „Ich selbst war dabei.“ Und die Kirche, die er ja selbst als Bischof verkörpert, bestätigt diese Aussage, indem sie sagt: „Und wir wissen, dass sein Zeugnis wahr ist.“ Aber der zweite Vers ist wirklich liturgisch und nicht ausschließlich biblisch und stellt die Reflexion der Kirche dar. Er ist von einer ungeahnten Tiefe und Schönheit, wie sie die wahre Liturgie bietet. Johannes hat seine Weisheit und sein Evangelium, welches das „theologischste“ aller drei ist, tatsächlich von der Brust Christi getrunken. Seiner zuerst körperlichen und dann geistigen Christusnähe verdanken wir seine Theologie! „Von der heiligen Quelle selbst (de ipso sacro fonte)“, also er war tatsächlich an der Quelle selbst, nicht am einen der Flüsse, und zwar der Quelle „des Herzens des Herrn (Dominici pectoris)“. Das lateinische pectus, pectoris – bedeutet „Brust“, „Brustbein“, „Busen“, „Herz“ aber auch die inneren Werte, welche mit dem Herzen verbunden werden, also „Einsicht“, „Verstand“, „Geist“, „Seele“. Schon hier ist der Anfang der Herz Jesu Frömmigkeit, welche recht spät liturgisch begangen wurden. Das Herz Jesu als die Quelle der Theologie.

Herz Jesu, in dem alle Schätze der Weisheit und Erkenntnis sind

Cor Jesu, in quo sunt omnes thesáuri sapiéntiae et scientiae, …

sagt, ganz im johanneischem Sinne, die Herz Jesu Litanei.

Das dritte Responsorium des ersten Nokturns handelt vom Privileg des Lieblingsjüngers Christi, denn sogar Christus hat manche Apostel den anderen vorgezogen, Johannes allen, Petrus, Johannes und Jakob den übrigen. Und er wusste schon, warum.

R. Hic est beatissimus Evangelista et Apostolus Joannes
* Qui privilegio amoris praecipui, ceteris altius a Domino meruit honorari.
V. Hic est discipulus ille, quem diligebat Jesus, qui supra pectus Domini in cena recubuit.
R. Qui privilegio amoris praecipui, ceteris altius a Domino meruit honarari.
V. Glória Patri, et Fílio, * et Spirítui Sancto.
R. Qui privilegio amoris praecipui, ceteris altius a Domino moruit honorari.

R. Dies ist der seligste Evangelist und Apostel Johannes * Welcher mit dem Privileg einer besonderer Liebe verdient hat vom Herr höher als die anderen geehrt zu werden.

V. Dies ist jener Jüngling, den Jesus geliebt hat, welcher der auf der Brust des Herrn beim Abendmahl geruht hat *

R. Welcher mit dem Privileg einer besonderen Liebe verdient hat vom Herrn höher als die anderen geehrt zu werden.

V. Ehre sei dem Vater und dem Sohn * und dem Heiligen Geist.

R. Welcher mit dem Privileg einer besonderen Liebe verdient hat vom Herr höher als die anderen geehrt zu werden.

Ja, bei Gott und Christus sind doch nicht alle Menschen gleich, denn es ist kein Kommunismus. Gott liebt manche mehr und manche weniger, weil sich die einen mehr und die anderen weniger anstrengen. Und Heiligkeit kostet! Daher gibt es verschieden Stufen der Heiligkeit im Himmel und der Läuterung im Fegefeuer. Dieses Responsorium spricht vom Privileg amoris praecipui – „einer besonderen Liebe“. Das lateinische Adjektiv praecipuus bedeutet „den anderen vorausgenommen“, „besonders“, „eigentümlich“, „ausschließlich“. Es ist also ein Vorziehen. Warum? Weil er seine Jungfräulichkeit bewahrte und obwohl er im Ölgarten mit den anderen floh, so stand er unter dem Kreuz. Der zarte, jungfräuliche Jüngling unter lauter Frauen. Die starken Männer standen weit entfernt oder waren geflohen. Er hat sich also diesen Vorzug mehr als verdient und nach Ostern erst recht. Ja, manchmal ist das Zarte viel stärker als das angeblich Starke.

Diese schönen nährenden Sätze konnte man in allen Brevieren vor dem Konzil beten und sich an ihnen ergötzten. Aber, „der Teufel stachelte böse Menschen an“, wie ein immer wiederkehrender Satz in den Heiligengeschichten lautet, und wir bekamen die Liturgiereform und ihre Konsequenzen. Wir können aber alle die alten Breviere beten oder wenigstens uns an den hier übersetzten Responsorien erfreuen. Und keine „Reform“ kann es uns wegnehmen!

[1] http://divinumofficium.com/cgi-bin/horas/officium.pl Vielleicht im nächsten Jahr.

[2] Das der Mönch Dionysius Exiguus bei der Berechnung des neuen christlichen Kalenders die Jahre des Julians des Apostaten, wie viele sagen, einfach übersprang, so entstand u.a. ein „Rechenfehler“ bei der Übertragung der alten Zeitrechnung, welche ab urbe condita, also seit der Gründung Roms (753 v. Chr.) berechnet wurde (bei den Griechen seit der ersten Olympiade 776 v. Chr.). So ist Christus eigentlich nicht im Jahre O, sondern wahrscheinlich im Jahre 6 vor Christus geboren worden. Mehr dazu: https://de.wikipedia.org/wiki/Dionysius_Exiguus http://adsabs.harvard.edu/full/1984JHA….15..177T

 

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