
Sie kennen es doch, liebe Leserinnen und Leser. Man ist gut gesättigt vom cholesterinreichen Weihnachtsessen, man hat die Kinder unter den Geschenkpackungen wiedergefunden, siehe Loriots Weihnachten bei den Hoppenstedts, Sie haben die Katze aus der Lametta entknäult, der große jährliche Weihnachtsfamilienstreit blieb diesmal aus, die Ehe hält immer noch und Sie haben Aussichten auf Kaffee und Kuchen in Ihrem Kaninchenzuchtverein und sogar auf das zweite Stück Torte. Ja, Sie sind glücklich und gehen mit Ihrer Familie am zweiten Weihnachtstag in die Kirche, denn Sie gehören zu denen, die die Kirche tatsächlich mehrmals im Jahr aufsuchen und was hören Sie: Mord und Totschlag. Ja, beim Martyrium von hl. Stephanus ist die ganzen Weihnachtsstimmung des heimeligen Jesus-Kindes wirklich futsch.
Muss das sein?, fragen Sie sich.
Was soll man da den Kindern sagen? Die ganze Stimmung ist da weg. Man sollte bei dem liturgischen Kalender an die Kinder denken.
Aber in der Weihnachtsoktave hört der Mord und Totschlag nicht auf. Wir haben am 26. 12 den hl. Stephanus, am 28.12 die Unschuldigen Kinder und am 29.12 den hl. Thomas Becket. Am 27.12 feiert man hl. Johannes den Apostel, der auch ein Märtyrer war, aber sein Martyrium wunderbar überlebte. Er wurde im Öl gekocht, tauchte aber anschließend aus dem Kessel jünger und schöner als vorher auf. Der Kaiser gab auf und verbannte ihn auf die Insel Patmos. Wenn man all das berücksichtigt, dann muss man doch einsehen, wie wenig die weltlichen Weihnachtserwartungen mit dem tatsächlichen liturgischen Weihnachtsfest zu tun haben. Weihnachten ist zwar das zweitgrößte Fest nach Ostern, am Weihnachtstag selbst werden, wie bei Ostern, drei Heilige Messen gefeiert, die meisten Armen Seelen kommen daher an diesem Tag frei, aber so richtig weihnachtlich ist es nur am 25.12, denn die Weihnachtsoktav wird von mehreren Duplex-Festen durchbrochen und geht somit unter, zumal wir, nach dem Tridentinischen Brevier nach 25.12 mehrere Oktaven haben:
- Weihnachtsoktave
- Oktave des hl. Stephan-Festes
- Oktave des hl. Johannes des Apostel-Festes
- Oktave der Unschuldigen Kinder
Am 5. Januar kommt die Vigil des Epiphaniefestes, danach die Epiphanie mit einer Oktave, welche liturgisch das eigentliche Weihnachten beendet. Da es den Leuten zu kurz erscheint, so feiert man bis zur Taufe Christi beziehungsweise bis zum 2 Februar. Schaut man aber auf die Erziehung der Kirche durch die Liturgie, so sieht man, dass man gleich nach der Geburt Christi aufs Martyrium vorbereitet wird, denn Bekenntnis bis zum Blut gehört zum Glauben an die Menschwerdung Gottes dazu. Umgebracht wurde St. Stephanus, den hl. Johannes wollte man deswegen umbringen, die Unschuldigen Kinder, obwohl wirklich unschuldig, mussten dran glauben und hl. Thomas Becket auch. Tod, wo man nur hinsieht.
Vat. II und Martyrium
Beurteilt man aber diese Heiligen anhand der Richtlinien des Zweiten Vatikanischen Konzils, “des größten aller Zeiten”, fügt salbungsvoll unsere Pastoralassistentin hinzu, dann sehen wir, dass sie sich alle extrem blöde angestellt haben.
- Hl. Stephanus : er pflegte keinen interreligiösen Dialog im Lichte von Nostra aetate und Dignitatis humanae und ihn kümmerte offensichtlich nicht, im Gegensatz zu Benedikt XVI., was die Rabbiner, die es in dieser Form noch nicht gab, von ihm dachten. Offensichtlich war hl. Stephanus die These von Kardinal Koch unbekannt, dass man die Juden ja nicht missionieren durfte. Wäre hl. Stephanus “offener”, “konziliarer”, “dialogbereiter” gewesen, dann hätte er länger leben können und in seinem Kaninchenzuchtverein das zweite Stück Kuchen problemlos abgegriffen. Aber so: selber schuld!
- Hl. Johannes der Apostel hat leider “die richtige Autonomie der irdischen Wirklichkeiten”, nach Gaudium et Spes 36, völlig unbeachtet gelassen, ganz zu schweigen von der “Achtung von fremden Kulturen”. Ihm fehlte auch die Überzeugung aus Nostra aetate 2, wonach das, was in den heidnischen Religionen “wahr und heilig ist” nicht abzulehnen sei. Wirklich ein Wunder, dass er mit dieser dogmatischen Einstellung überlebt hat.
- Die Unschuldigen Kinder waren wirklich unschuldig, denn so sehr sie sich auch vielleicht bemüht hätten mit den Schächtern des Herodes einen ergebnisoffenen Dialog zu pflegen (ergebnisoffen für die Kinder, nicht die Schächter), es hätte ihnen nichts genützt, weil sie einerseits noch nicht sprechen konnten, andererseits die Schächter gleich zuschlugen. Wären sie aber schon im Mutterleib umgebracht worden, da trotz der subkutanen Bemühungen von Franziskus die Haltung der katholischen Kirche zur Abtreibung immer noch “zu rigide” ist, dann wäre ihnen das Schicksal des Todes nach der Geburt erspart worden.
- Der hl. Thomas Becket war natürlich ein doktrinärer Reaktionär, der im XII Jhdt. so gehandelt hat, als wäre das Vat. II im XX Jhdt. undenkbar gewesen. Mischte sich in die Politik ein, wollte Kleriker kirchenrechtlich bestrafen, widersetzte sich dem König, war ein Wirrkopf und Querulant, sodass der arme Heinrich II. gar nicht anders konnte als ihn umbringen zu lassen. Denn die Kirche gehört in die Sakristei, sonst gibt es keine Kirchensteuer. Verstanden?
Man könnte diese Reihe der Konzilsanklagen gegen die vorkonziliaren Heiligen noch beliebig weit ausbauen. Das ist auch der Grund, warum Sie keine Predigten über die Heiligen hören. Nicht nur deswegen, weil unsere lieben Geistlichen keiner Heiligenlebensläufe lesen, nicht nur deswegen, weil die Heiligenlegenden nach dem Konzil so umgeschrieben wurden, dass kaum etwas Heiliges von ihnen übrig geblieben ist, denn jetzt herrscht die “Mitmenschlichkeit”, sondern auch deswegen, weil all diese Vitae gar nicht mit der nachkonziliaren Lehre zu vereinbaren sind. Entweder stimmt das eine oder das andere. Um dieses Paradox zu lösen, führt man die Theorie der evolutiven oder evolvierenden Wahrheit, wonach
“das damals für die damalige Zeit stimmte, es jedoch aber nicht für unsere Zeiten stimmt”.
Aber genauso gut kann das, was jetzt in Dezember 2018 Bergoglio von sich gibt, in Februar 2019 nicht stimmen.
“Dann ist es eben so”, meint unsere Pastoralassistentin.
Aber sie hat auch in Februar 2019 eine feste Anstellung und ihre Rente ist ihr sicher, solange sie zu dieser hegelianischen Dialektik fähig ist.
Religion als Gefühl
Und mit diesen unmöglichen Ansichten, dass sich alles ändert, dass das Gestrige nicht das Heutige sein kann (Wo kämen wir da hin?) verbreitet man schon seit 50 Jahren.
Was ist es aber?
Es ist die modernistische Ansicht über die Evolution des Dogmas, welche eindeutig in Pascendi (1907) von Pius X. verurteilt wurde.
Was ist der Hauptfehler?
Den Glauben im Gefühl anzusiedeln. Man hat irgendwie ein “spirituelles Bedürfnis”, wie man jetzt sagt, nach etwas Heimeligen und Netten, z.B. nach dem Jesus-Kind, was es aber an sich ist, ist völlig gleich. “Wir dürfen nur nicht richten, denn jede Religion ist gut”, siehe die Gebetsmeinungen von Bergoglio. Das sind doch seine Ansichten. Pascendi drückt es aber so aus:
[…] die Anfänge aber, wenn wir über das Leben genauer reden wollen, sind in einer Regung des Herzens zu sehen, die Gefühl genannt wird. Deshalb ist, da Gott der Gegenstand der Religion ist, zwangsläufig zu schließen, daß der Glaube, der der Anfang und die Grundlage jedweder Religion ist, in einem innersten Gefühl liegen muß, das aus einem Bedürfnis nach Göttlichem erwächst. (DH 3475 [598])
In diesem Gefühl finden die Modernisten nämlich nicht nur den Glauben; sondern sie behaupten, daß mit dem Glauben und im Glauben selbst, wie sie ihn verstehen, der Ort für die Offenbarung sei. … Da Gott Gegenstand und zugleich Ursache des Glaubens ist, ist jene Offenbarung sowohl über Gott als auch ebenso von Gott; sie hat nämlich Gott zugleich als Offenbarenden und als Offenbarten. Daher aber, Ehrwürdige Brüder, jene völlig unvernünftige Behauptung der Modernisten, jedwede Religion sei in verschiedener Hinsicht zugleich natürlich und übernatürlich zu nennen. Daher die unterschiedslose Bezeichnung des Bewußtseins und der Offenbarung. Daher das Gesetz, durch das das religiöse Bewußtsein als allgemeine Richtschnur ausgegeben wird, die mit der Offenbarung völlig gleichzustellen ist und der alle unterliegen müssen, […] (DH 3478)
Da also nach dieser Irrlehre Religion im Gefühl und sogar im Unterbewußten (DH 3475) anzusiedeln ist, da sich jeder seine Offenbarung selbst schafft, so ist es die Aufgabe der Kirche für “gute Stimmung” zu sorgen, neben Lametta und Glühweinständen. Daher sind also die nachkonziliaren Papstreisen, Jugendtage, Tage von Irgendwas keine Verlegenheitslösungen oder Gelegenheiten Kirchensteuergelder auszugeben, sondern wirklich Programm. Daher hören Sie in den Predigten laute Gefühlsduselei über “Mitmenschlichkeit”, “Miteinander” und das “Mitmachen”. Mehr ist nicht drin. Wir haben es nach Vat. II mit Religion ohne Inhalt zu tun oder mit einem Inhalt zum Selbermachen, welchen der jeweilige Papst vorgibt.
Hl. Thomas Becket und Benedikt XVI. – zwei Hirten, eine Sterblichkeit
Und jetzt kommen wir zum eigentlichen Schwerpunkt dieses Beitrags und zwar zum Hirtentum. Der heutige hl. Thomas Becket, dessen Gehirn auf den ganzen Kirchenfußboden spritzte, als er umgebracht wurde, wird in der Liturgie mit einer eigenen Messe geehrt.
Was bedeutet das?
Für gewöhnlich feiert man ein Märtyrer mit dem Commune, also mit demjenigen Messtext, wir sprechen hier natürlich vom Vetus Ordo, der für viele Märtyrer gilt. Dies gilt mutatis mutandis auch für andere Kategorien der Heiligen wie Apostel, Bekenner, Jungfrauen. Will man aber einen Heiligen oder eine Heilige besonders ehren, dann bekommt er/sie eine eigene Messe mit eigenen Texten. Genauso verhält es sich bei hl. Thomas Becket, bei dessen Fest das Evangelium vom Guten Hirten enthält (Joh 10,11-16), während man bei einem Märtyrer Pontifex, also Bischof oder Papst, das Evangelium von der Nachfolge (Mt 16, 24-27) liest. Und gerade bei der Lektüre der Predigt zum heutigen Evangelium stellte sich DSDZ die Frage, wie diese Worte, welche in der dritten Nokturn des Tridentinischen Breviers enthalten sind, wohl auf Benedikt XVI. wirken würden:
Auslegung vom heiligen Johannes Chrysostomus.
Predigt 59 zu Joh.
Etwas Großes ist, Geliebteste, etwas Großes, sage ich, ist das Vorsteheramt in der Kirche und etwas, was große Weisheit und großen Mut erfordert, wie es der Herr vorgelegt hat, so dass wir das Leben für die Schafe hingeben müssen und sie niemals verlassen dürfen, dass wir dem Wolfe edelmütig Widerstand leisten. Das ist nämlich der Unterschied zwischen dem Hirten und dem Mietling: Der eine ist nur auf die eigene Sicherheit besorgt mit Vernachlässigung der Schade, der andere, mit Drangabe seiner selbst, nur auf die Sicherheit der Schafe. Nachdem er also sich als das Muster eines Hirten dargestellt hat, erwähnt er zwei Betrüger: Den Dieb, der die Schafe mordet und raubt, und den Mietling, der dies zugibt und die ihm anvertrauten Schafe nicht verteidigt.
Aber von beiden unterscheidet sich Christus, wie er zeigt; und zwar von jenen, die zum Verderben anderer kommen, indem er sagt, er sei deshalb gekommen, damit sie das Leben hätten und damit sie es in möglicher Fülle hätten; von diesen aber, die auf den Raub der Schafe durch die Wölfe nicht achten, indem er sagt, dass er um ihretwillen das Leben hingebe, damit sie nicht zugrunde gehen. Denn, obwohl die Juden ihn umbringen wollten, hat er doch nicht vom Lehren Abstand genommen, und er hat nicht die Gläubigen verraten, sondern er hat ausgehalten und den Tod erduldet; deshalb sagt er wiederholt: „Ich bin der gute Hirt.“ Weil aber dies durch keinen Beweis gestützt zu sein schien, – dass er nämlich sein Leben hingab, ist nicht lange darauf durch die Wirklichkeit bewiesen worden, dass sie aber das Leben haben und es in möglichster Fülle haben sollten, dass sollte im Jenseits Tatsache werden – bestätigt er das eine (die Gewährung des Lebens) durch das andere (Hingabe des eigenen Lebens).
Aber lesen wir nochmals wie es zum Martyrium von hl. Thomas Becket kam:
Lesung 6
Infolge dieses Ausspruches des Königs hofften verbrecherische Mannen dem König einen Gefallen zu erweisen, wenn sie Thomas aus der Welt schafften; kamen heimlich in Canterbury zusammen und stürzten sich auf den Bischof, der in der Kirche mit dem abendlichen Stundengebet beschäftigt war. Dieser lief zu den Geistlichen, die den Zugang zur Kirche zu versperren suchten, machte die Tür auf und sagte folgende Worte zu den Seinen: Es soll die Kirche Gottes nicht nach Art eines Kriegslagers verteidigt werden; und ich übernehme für die Kirche Gottes gern den Tod. Alsdann sagte er zu den Kämpfern: Ihr, hütet euch ja, auf Gottes Befehl, einem der Meinigen einen Schaden anzutun. Alsdann kniete er hin, empfahl der heiligen Jungfrau Maria, dem heiligen Dionysius und den übrigen heiligen Patronen seiner Kirche seine Gemeinde und sich und bot sein heiliges Haupt mit derselben Standhaftigkeit, mit der er sich den Gesetzen des ungerechten Königs entgegengestellt hatte, der verbrecherischen Waffe zum Abschlagen dar, am 29. Dezember des Jahres 1071; mit seinem Gehirn wurde der Fußboden der ganzen Kirche bespritzt. Ihn hat, da er nachher durch viele Wunder verherrlicht wurde, der genannte Papst Alexander III. in das Verzeichnis der Heiligen aufgenommen.
Wie Christus ähnlich der hl. Thomas Becket doch verfuhr. Er bat die Seinen zu schonen, er wußte, dass er sterben würde, er gab sein Leben Gott hin und es war ein wirklich harter und gewaltsamer Tod, da sein Gehirn den ganzen Fußboden bespritzte. Er hätte diesen Tod, wie Christus, vermeiden können, hätte er “weniger forsch gepredigt”. Und jetzt kommen wir zum Benedikt und der leidigen frage:
Wie konnte er nur?
Hat er das Evangelium vom guten Hirten aus seiner Lektüre gestrichen? Fühlt er irgendwelche Gewissensbisse? Kennt der die oben genannte Predigt des hl. Johannes Chrysostomus, der ebenfalls aufgrund seiner Predigttätigkeit vorzeitig gestorben ist? Die guten katholischen Seelen meinen:
Er hat um sein Leben gefürchtet! Sie hätten ihn umgebracht?
Na und?, antworten wir.
Wird er denn sonst ewig leben? Er stirbt doch sowieso und dann kommt die Strafe, die wirklich schrecklich ausfallen wird, da das Weglaufen Benedikts von den Wölfen oder eher das “Mitmachen” mit dem Bergoglio-Wolf sich wirklich auf Milliarden von Menschen auswirkt. Hätte hl. Thomas Becket geschwiegen, so hätte das viel geringere Auswirkungen gehabt. Wie kann Benedikt still sitzen, mit Rabinnern in Herder-Korrespondenz korrespondieren, die FAZ lesen und überlegen, was sich so Brandmüller über ihn denkt. Es ist so peinlich!
War es eine formelle Häresie?
Dabei gab Bergoglio wieder eine Häresie von sich, obgleich keine stricte formelle, in welcher er die Unbefleckte Empfängnis in Frage stellte, indem er meinte, dass Maria “nicht heilig geboren” wurde. Natürlich wurde die Mutter Gottes heilig geboren, weil ohne Erbsünde. Theologisch (die Fachtermini bitte den notae theologicae entnehmen) wird das Dogma von der Unbefleckten Empfängnis wie folgt aufgeschlüsselt (Diekamp-Jüssen, Katholische Dogmatik, Wil 2012, 625-629):
Der fomes peccati war in Maria schon bei ihrer Empfängnis vollständig aufgehoben (Sententia nunc communior).
Unter fomes peccati “Zunder der Sünde” versteht man theologisch die ungeordnete habituelle Begierlichkeit, also die schlechte Anlage überhaupt sündigen zu können. Fomes peccati bleibt bei allen, außer Maria, auch nach der Taufe bestehen. Sie ist eine Konsequenz der Erbsünde. Denn hätten wir diese negative Anlage nicht, dann könnten wir ja überhaupt nicht sündigen, wie Maria. Was aber weiter mit der Unbefleckten Empfängnis zusammenhängt ist dieses:
Maria hat infolge eines besonderen göttlichen Privileg nie auch nur die geringste aktuelle Sünde begangen. (Fidei proximum)
Da Maria nicht sündigen konnte, so hat sie auch tatsächlich nicht gesündigt. Ferner besagt die Lehre der Kirche:
Maria besaß vor der Empfängnis Christi die heiligmachende Gnade in solcher Vollendung, dass sie für die Würde der Gottesmutterschaft vollgenügend vorbereitet war. (Sententia communis)
Dies bedeutet, dass Maria nicht nur vom Zeitpunkt der Empfängnis Christi heilig war, sondern auch davor. Aber:
Eine noch höhere Heiligkeit wurde Maria bei der Empfängnis Christi zuteil. (Sententia communis)
Marias Heiligkeit ist also durch die Empfängnis Christi gestiegen. Diese Zunahme fand auch weiter statt, denn
Maria hat bis zu ihrem Tod an Heiligkeit und an Verdiensten zugenommen. (Sententia communis)
Mutter Gottes war also vom Moment ihrer Empfängnisses heilig, sie wurde aber innerhalb ihres Lebens immer heiliger. Diese Heiligkeit hörte aber im irdischen Leben nicht auf:
Die dritte Heiligung Marias ist ihre Beseligung im Himmel (Sententia communis).
Daher ist Maria heiliger als alle Heiligen, weil sie als Heilige von hl. Anna empfangen, geboren, durch die Empfängnis Christi noch heiliger wurde, an Heiligkeit während ihres ganzen Lebens zunahm und schließlich noch im Himmel geheiligt wurde. Was sagt aber Bergoglio?
Wer ist also glücklich in der Krippe? Die Gottesmutter und der heilige Joseph sind voll Freude: Sie schauen das Jesuskind an und sind glücklich, weil sie nach tausend Sorgen dieses Geschenk Gottes angenommen haben mit viel Glauben und viel Liebe. Sie ‚quillen über‘ vor Heiligkeit und daher vor Freude. Ihr werdet mir sagen: ‚Na klar! Es sind die Gottesmutter und der heilige Joseph!‘ Ja, aber wir sollten nicht denken, daß es für sie leicht war: Heilig wird man nicht geboren, sondern wird es, und das gilt auch für sie.“
Es stellt sich aber die Frage:
Ist das eine Häresie im Sinne einer sententia haeretica?
Wie wir uns erinnern, ist eine häretische Meinung (sententia haeretica) ist diejenige Meinung, welche sich direkt (directe) und unmittelbar (immediate) der geoffenbarten katholischen Glaubenswahrheit widersetzt und zwar
- (i.) als ihr entgegengesetzt (contrarie) oder
- (ii.) ihr widersprechend (contradictorie).
Das eigentliche Dogma, wie es in der Bulle Ineffabili Deus 1854 von Pius IX. definiert wurde, lautet:
[…] kraft der Autorität unseres Herrn Jesus Christus, der seligen Apostel Petrus und Paulus und Unserer eigenen, erklären, verkünden und definieren Wir, daß die Lehre, welche festhält, daß die seligste Jungfrau Maria im ersten Augenblick ihrer Empfängnis durch die einzigartige Gnade und Bevorzugung des allmächtigen Gottes im Hinblick auf die Verdienste Christi Jesu, des Erlösers des Menschengeschlechtes, von jeglichem Makel der Urschuld unversehrt bewahrt wurde, von Gott geoffenbart und deshalb von allen Gläubigen fest und beständig zu glauben ist. (DH 2803).
oder kürzer gefasst:
Maria ist ohne jeden Makel der Erbsünde empfangen. (De fide)
Die entgegengesetzte (contrarie) Leugnung des Dogmas wäre:
Maria ist nicht ohne jeden Makel der Erbsünde empfangen.
Die widersprechende (contradictorie) Leugnung wäre:
Maria ist mit manchem Makel der Erbsünde empfangen.
Was sagte aber Bergoglio?
Maria ist nicht heilig geboren.
Er leugnet also eine der direkten Konsequenzen des Dogmas und daher verdient diese seine Aussage die Zensur der Häresie nahen Meinung (sententia haeresi proxima), denn:
“Eine der Häresie nahe Meinung widerspricht dem, was nach der übereinstimmenden Meinung (ex communi sensu) der Theologen für eine Glaubenswahrheit gehalten wird, aber noch nicht dogmatisch festgelegt wurde. Mit der übereinstimmenden Meinung (sensus communis) meint man die Meinung der Kirchenväter, der Kirchenlehrer, der rechtgläubigen Theologen in der ganzen Kirchengeschichte.”
Es ist also technisch gesehen keine formelle Häresie sensu stricto, da sich diese Aussage Bergoglios gegen die theologischen Konsequenzen des Dogmas und nicht gegen das Dogma selbst richtet. Es ist also sozusagen eine Häresie der zweiten Klasse und nicht der ersten Klasse.
Wieviel Klassen der Häresien gibt es denn?
Sechs, was die Doktrin selbst betreffen.
Darf ein Papst denn so etwas sagen?
Nein, niemand darf so etwas sagen, denn das direkte Leugnung der Konsequenzen des Dogmas ist das indirekte Leugnung des Dogmas selbst.
Gehört er abgesetzt?
Und wie!
Natürlich darf man sich nicht damit beruhigen, dass es diesmal “technisch gesehen” keine formelle Häresie geworden ist. Dass jeder klein anfängt, wissen wir schon seit Anfang des Bergoglio-Pontifikats. Der habilitierte Theologe aus Bonn und Priester Klaus Obenauer, dessen Kommentare, im Gegensatz von denen von DSDZ in katholisches.info veröffentlicht werden (Was soll’s!), fasst es wie folgt auf:
Nein, eine „Leugnung“ liegt hier nicht vor, zumindest einmal keine förmliche. Dazu genügt schon ein Blick auf die zwar nicht sonderlich aussagekräftigen, aber doch hinlänglich klaren Worte innerhalb des ersten Abschnittes im Angelus zum 08. Dezember (!). Dem urgierten Wortlaut nach ist der Satz freilich mit dem Dogma nicht zu vereinbaren, das stimmt. Was der Papst (in Bezug auf U.L.F.) in etwa meinen dürfte, ein Wachsen und so auch „Reifen“ in der Heiligkeit, schließt auch die theologische Lehrtradition nicht aus (ist also durch das „gratia plena“ vom allerersten Anfang an nicht versperrt). – Das Hintergrundproblem ist freilich, dass man sich in Theologie und Spiritualität der Gegenwart mit dem Exzeptionellen schwer tut: die singuläre Begnadetheit Christi-hominis und (davon abgeleitet) seiner Mutter von allererstem Anfang an so mit dem auch phänomenalen (und nicht nur metaphysischen) Mensch-Sein im Einklang zu erfassen, dass eben nicht doch Ersteres zu Gunsten des Letzteren insgeheim geopfert wird (unter dem Stichwort „ganz normaler Mensch“). Das ist wohl das Problem, das sich auch in diesen Worten von Papst Franziskus spiegelt. – Ändern wird man den inzwischen 82jährigen nicht mehr, aber man kann aus diesen Einseitigkeiten in der Wahrnehmung (und darauf reduzieren sich im Prinzip die Probleme mit ihm) lernen, lernen für die Zukunft.
Falls Sie auch nichts davon verstanden haben, dann sind Sie normal. Dazu führt die nachrahnerische theologisch-akademische Verklausulierung, dass man nicht mal klar reden kann, falls man möchte, wenn man es möchte. Wozu wir am Anfang unseres Beitrags wären:
Klartext reden führt zum Martyrium. Amen.
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