
Prädestination und Reprobation
Wenn also Gott alle mögliche Gnadenhilfe gibt und niemanden von vornherein von der ewigen Seligkeit ausschließt, so schließt man sich davon selbst aus. Da also Gott allwissend ist, so weiß er, wer in den Himmel und wer in die Hölle kommt und so ist die Prädestination als Vorherbestimmung durch Vorauswissen zu sehen. Wenn es also die Prädestination gibt, so gibt es auch die Reprobation, d.h. die ewige Verwerfung bestimmter Engel und Menschen durch Gott (DH 628). Die Kirche lehrt aber:
Die positive Reprobation ist keine absolute, sondern eine bedingte; sie erfolgt nur post et propter praevisa peccata personalia [nach und wegen der vorausgesehenen persönlichen Sünden Red.] (De fide, DH 397, 621, 628, 1567)
Es gibt also die Prädestinierten, es gibt auch die Reprobierten und die göttliche Gnadenwahl ist für uns ein Geheimnis. Die Zahl der Prädestinierten ist nur Gott bekannt.[1] Ferner kann kein Mensch ohne spezielle Offenbarung seiner eigenen Prädestination sicher sein (De fide, 1540, 1565, 1566). Es lässt sich dennoch die Frage stellen, ob die Anzahl der Erwählten, d.h. der Prädestinierten oder der Reprobierten, d.h. der Verworfenen größer sein. Wozu? Um es sich einfacher zu machen. Dem Schreiber dieser Zeilen war die Lehre von Prädestination und Reprobation zwar bekannt, sie hatte aber für ihn kaum praktische Bedeutung außer einer harten Zeit von mehreren Monaten in seinem Studium, wo er selbst glaubte zu den Reprobierten zu gehören, was ihm große Qualen verursachte, die auch der hl. Franz von Sales in seiner Schulzeit durchmachte.[2] DSDZ dachte lange, weil man es nachkonziliar so gelehrt bekommt, dass die Anzahl der Prädestinierten viel größer als die der Reprobierten sei. Jetzt kommt DSDZ das Umgekehrte wahrscheinlicher vor, aber diese Fragestellung hat auch eine praktische Seite. Sie belehren, falls Sie ihren Glauben ernst nehmen, sehr viele Menschen oder Sie geben ihnen Zeugnis. Die allermeisten verwerfen die christliche Lehre und entscheiden sich dagegen. DSDZ glaubte lange, dass es an ihm liegt, dass er etwas schlecht vermittelt oder zu wenig heilig sei, um die Menschen zur Bekehrung zu bewegen. Er fühlte sich ständig schuldig, ständig unter einem Missionsdruck. Aber die praktische Umsetzung der Lehre von der Prädestination und Reprobation bedeutet doch, dass manche Menschen, gleich was wir mit ihnen oder an ihnen machen, in der Hölle landen werden. Sie sind reprobiert aufgrund ihrer Missetaten, die Gott, nicht wir wohlgemerkt, vorausgesehen hat. Wir können uns also anstrengen wie wir wollen. Es wird nichts! Wir sollten unsere Kräfte woanders einsetzen! Es ist wirklich wie im Krankenhaus im Krieg. Sie haben wenig Personal, Medikamente und Mittel und wissen, dass einige ohnehin sterben werden, weil ihr Zustand aussichtslos ist. Lassen Sie denen die Mangelwaren zukommen? Wohl nicht, Sie würden sie ja denjenigen wegnehmen, welche noch gesunden können. Und so ist es mit unseren Lebenskräften. Was sagt uns die postkonziliare Kirche?
1. Es gibt keine Hölle.
Sie sagt uns, dass
- alle in den Himmel kommen werden, weil es
- die Hölle nicht gibt, weil
- die leer ist (Urs von Balthasar) oder
- die Seelen der Bösen vernichtet werden (Antipapst Franziskus).
Da ist natürlich alles ein häretischer Unsinn, weil die Wirklichkeit der Höllen, die leider sehr voll ist, ein biblisch bezeugtes Dogma ist und die Annihilation der Seelen eine neue bergolianische Häresie ist, welches die Kirche nicht kennt. Die Seele ist unsterblich, so kann sie nicht annihiliert werden. Diese offenen Häresien werden nicht so offen gelehrt, wenigstens nicht von denen, die sich, wie die Neocons, für katholisch halten. Bei (1) macht die Mission oder die Evangelisierung keinen Sinn, ebenso wenig wie Moral, Liturgie und überhaupt irgendwas an sittlicher oder spiritueller Anstrengung, weil es letztendlich keinen Unterschied zwischen gut und böse gibt.
2. Der Platz im Himmel oder der Hölle hängt von der Anstrengung der Missionare ab.
In dieser Lehre, welche sehr verhängnisvoll für alle ist, die sich um Evangelisierung bemühen und welche hauptsächlich in den sog. Erneuerungsbewegungen anzutreffen ist, wird gelehrt, dass es zwar eine Hölle gibt und manche Menschen darin landen, aber die Schuld dafür hauptsächlich diejenigen tragen, die ihnen entweder Christus nicht verkünden oder es tun und ein schlechtes Beispiel geben. Das sagen mutatis mutandis viele Priester den Nonnen:
„Ich sündige, weil ihr zu wenig für mich betet. Ihr seid schuld, nicht ich!“
Diese Umkehrung der Verantwortung ist wirklich diabolisch, weil sie den Täter zum Opfer macht und die Opfer seiner fehlenden Seelsorge zu Tätern. Der Sünder kann sich also zurücklehnen und auf den Verkünder mit dem Finger deuten und sagen:
„Ich gehe zwar in die Hölle, aber Du gleich mit, denn Du bist schuld an meiner Lage.“
Dies ist aber die Verneinung seiner eigenen Verantwortung und des freien Willens, ferner jeglicher Gnadenlehre und des allgemeinen Heilswillens Gottes.
3. Der Platz im Himmel oder der Hölle hängt von der Anstrengung eines jeden selbst ab.
Dies ist zwar die rechtgläubigste Häresie von denen, die oben dargestellt werden, sie ist aber dennoch falsch. Denn sie ist pelagianisch, indem sie die eigenen Bemühungen zu sehr in den Vordergrund steht und die Gnade, sowie die Gnadenwahl Gottes, im Sinne einer Prädestination oder Reprobation, ausklammert. Diese Lehre wird fast flächendeckend nach dem Vat. II von den Konservativen gelehrt, weil durch Henri de Lubac und Karl Rahner die gesamte katholischen Gnadenlehre aufgegeben wurde. Der Mensch, der, wie Rahner verkehrt lehrte, von sich aus „gottfähig“ ist, erlöst sich selbst, indem er seine „Gottfähigkeit“ entwickelt. Diese Lehre ist auch gnostisch und naturalistisch, weil dadurch zwischen der göttlichen Transzendenz und der menschlichen Immanenz nicht unterschieden wird. Nimmt man diese Lehre ernst, dann bewirkt man seine Erlösung selbst, was falsch ist und Christus und seinen Kreuzestod unnötig macht.
Die richtige Lösung lautet aber:
4. Der Platz im Himmel oder der Hölle hängt von der göttlichen Vorauswahl (Prädestination oder Reprobation), von der göttlichen Gnade und der Mitarbeit des Menschen mit ihr ab.
Kann man denn wissen, ob man prädestiniert wurde? Nein, das kann man ohne eine spezielle Offenbarung Gottes nicht (DH 1540, 1565, 1566).[3] Hl. Thomas von Aquin fasst es wie folgt auf:
„Mögen auch einige auf Grund eines speziellen Privilegs eine Offenbarung über ihre Prädestination erhalten, so ist doch eine Offenbarung an alle nicht angemessen, weil sonst die Nichtprädestinierten In Verzweiflung gerieten und bei den Prädestinierten die Sicherheit zur Nachlässigkeit führen würde.“ (Summ. I q. 23 a 1 ad 4)
Diekamp-Jüssen gibt an:
„Dennoch kann der Einzelne aus verschiedenen Zeichen, die ihm die Offenbarung an die Hand gibt, eine certitudo coniecturalis (mutmaßliche Gewissheit) schöpfen, dass er prädestiniert sei. Solche signa praedestinationis (Zeichen der Prädestination) lassen sich den „acht Seligkeiten“ Mt 5, 3 ff. entnehmen, die aber offenbar eine vollkommenene und beharrliche Übung solcher Tugenden voraussetzen.“ [4]
Erleben Sie das (Mt 5, 3-11) ständig?
Selig, die arm sind vor Gott; denn ihnen gehört das Himmelreich.
Selig die Trauernden; denn sie werden getröstet werden.
Selig, die keine Gewalt anwenden; denn sie werden das Land erben.
Selig, die hungern und dürsten nach der Gerechtigkeit; denn sie werden satt werden.
Selig die Barmherzigen; denn sie werden Erbarmen finden.
Selig, die ein reines Herz haben; denn sie werden Gott schauen.
Selig, die Frieden stiften; denn sie werden Söhne Gottes genannt werden.
Selig, die um der Gerechtigkeit willen verfolgt werden; denn ihnen gehört das Himmelreich.
Selig seid ihr, wenn ihr um meinetwillen beschimpft und verfolgt und auf alle mögliche Weise verleumdet werdet.
Falls ja, dann haben Sie gute Karten. Falls nicht, dann sorgen Sie dafür, dass es so wird. Noch sind Sie am Leben.
„Ferner“, so schreib Diekamp-Jüssen, „können:
-
- eifriges Gebet um die Beharrlichkeit [d.h. das Ausdauern in der Gnade Gottes bis zum Ende],
- großer Seeleneifer (Jak 5, 20: „Wer einen Sünder, der auf Irrwegen ist, zur Umkehr bewegt, der rettet ihn vor dem Tod und deckt viele Sünden zu“.)
- innige Andacht zum göttlichen Heiland und zur allerseligsten Jungfrau Maria
eine sichere Vermutung der Prädestination begründen.“
[1] Diekamp-Jüssen, Katholische Dogmatik, 226.
[2] http://visitationspirit.org/2015/05/blessed-mother-and-st-francis-de-sales/ http://www.franz-von-sales.de/icss_de/artikel/english/sbordone.pdf
[3] Ebd., 226.
[4] Ebd., 227.

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