Tradition und Glauben

Dom Prosper Guéranger OSB – Leben und Werk (7)

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Dom Prosper Guéranger – ein wahrer Liebhaber der Liturgie

Da es sich mit der Liturgie so verhält, dass nur derjenige sie verstehen kann, der sie liebt und lebt und nur derjenige sie leben und lieben kann, der sie versteht, so ist niemand mehr dafür qualifiziert über Liturgie lehren und zu schreiben als ein Benediktinermönch für den Liturgie alles ist und alles zur Liturgie wird. Sehr treffend schreibt Martin Mosebach über seinen Aufenthalt in der Abtei Fontgombault, welche auf Dom Guéranger zurückgeht, dass es dort kaum zu unterscheiden ist, wo Liturgie anfängt und wo sie endet.

Interessanterweise war Prosper Guéranger (1805-1875) ein liturgischer Autodidakt.[1] Sein Leben fiel auf das Trümmerfeld des nachrevolutionären Frankreichs, wo er 1827 zum Diözesanpriester geweiht wurde. 1833 beschloss er mit fünf Gefährten die Abtei Solesmes anhand der Regel des St. Benedikt zu erneuern.[2] Ab 1830 entfaltete er eine reiche schriftstellerische Tätigkeit, bald darauf wurde er zum Abt von Solesmes und 1837 zum Generalsoberen der künftigen, noch zu reformierenden französischen Benediktinerkongregation, ernannt. Er führte also ein Leben eines liturgischen und monastischen Pioniers und es scheint, dass derjenige, der den Geist der benediktinischen Liturgie in Frankreich wieder auferweckte sich das meiste selbst beibringen musste, da er keine Meister fand, die ihn bildeten oder aber ihn verbilden konnten.

Sein literarisches Werk ist absolut imposant, was sein Ausmaß und seine Gelehrsamkeit anbelangt. Zwei seiner Werke Institutions liturgiques – „Liturgische Vorschriften“ (3 Bände, le Mans/Paris 1840-1851, erweiterte Neuauflage, 4 Bände, Paris 1878-1885) und L’Année liturgique – „Das Kirchenjahr“ in 15 Bänden (autorisierte Übersetzung, Mainz [Franz Kirchheim & Co.] 1874-1902) gehören zu den Klassikern der Liturgiewissenschaft und bleiben bis heute wohl unübertroffen.

In der deutschen Sprache erschienen neu in der letzten Zeit:

  • „Die gaben des Heiligen Geistes“ (Les dons du Saint Esprit, Übersetzung von Ludwig Reuter, Solesmes [La Frodfontaine, Éd. De Solesmes,] 2003);
  • „Die Erklärung der Gebete und Zeremonien in der heiligen Messe“ (Explication des prières et des cérémonies de la sainte messe, Stuttgart [Sarto] 2004);
  • „Anmerkungen zum Ordens- und Klosterleben“ (Notions sur la vie réligieuse et monastique, hrsg. Von Cyrill Schäfer, Sankt Ottilien [EOS] 2009);
  • „Einführung in das liturgische Jahr“ (Introducion à l’année liturgique, übers. von Wilhelm Hellmann, Sankt Ottilien [EOS] 2014);
  • außerdem liegt vor die deutschsprachige Übersetzung seiner Biografie von Guy-Marie Oury (Dom Prosper Guéranger – moine au coeur de l‘Église) unter dem Titel „Dom Proster Gueranger 1808-1875 – ein Mönch im Dienst für die Erneuerung der Kirche“, übers. von W. Hellmann, Heiligenkreuz im Wienerwald (Be&Be) 2013.[3]

Viele seiner Werke sind außerdem auf Englisch und Französisch im Internet zu finden.[4] Dom Guéranger bekämpfte jeglichen antiliturgischen Geist, besonders jenen jansenistischen Ursprungs. Seine Schriften haben nicht nur zu einer wahren liturgischen Erneuerung in Frankreich und eigentlich in ganz Europa des 19 Jhtds. beigetragen, sie stellten auch die Fundamente für die liturgische Reform des Pius X dar. Wie wir wissen haben sich leider seine Ansichten auf die Dauer nicht durchsetzen können, da die liturgische „Linke“ vom Schlage Jungmanns, Casels und ihrer Schüler überhandnahm und die Päpste angefangen vom Pius XII. (vielleicht auch früher) beeinflusste. Was macht aber eigentlich den Unterschied zwischen Dom Prosper Guéranger und Jungmann et alia. aus? Guéranger kämpfte für mehre Liturgie, die anderen für weniger. Für Dom Guéranger ist Liturgie ein wahrhafter Kult Gottes, in welchem der Mensch Gott das wiedergibt, was Gott rechtens zusteht. Die Religion ist also, wie die vorkonziliaren Fundamentaltheologien lehren, vornehmlich ein Akt der Gerechtigkeit. Für die liturgische „Linke“ ist hingegen Liturgie, vereinfacht ausgedrückt, ein Treffen der Menschen, welche etwas miteinander organisieren und miteinander erleben. Während in der ersten Perspektive das eigentliche Ziel der kultischen Handlung Gott ist, so ist in der zweiten das eigentliche Ziel der Mensch. Und daher soll die Liturgie, nach Ansicht der „Reformatoren“, etwas für Menschen sein, d.h. kurz, bequem, zeitgemäß usw.

Diese Diskrepanzen der beiden Zugänge zur Liturgie machen nicht nur die Spannungen, sondern einfach die Widersprüche aller nachkonziliaren Dokumente von Sacrosanctum Concilium aufwärts aus. Man muss an dieser Stelle auch sagen, dass die Perspektive von Dom Prosper Guéranger grundkatholisch, die andere hingegen von Grund auf protestantisch ist. Da Gott unveränderlich ist, sagt Dom Guéranger, so ist der Kult, den in der Mensch zollt ebenfalls in seinem Wesen unveränderlich. Da der Mensch veränderlich ist und er die Zeiten ändert, so ist die Liturgie auch veränderlich, dass sie sich dem veränderlichen Menschen angleichen muss, würden die Schüler von Jungmann sagen. Die Enzyklika Mediator Dei stellt die beiden Momente der Veränderlichkeit und der Angepasstheit sowie der Unveränderlichkeit der Liturgie sehr gut dar. Man muss aber auch wirklich sagen, dass während die Liturgie bis zum Vatikanum II im Laufe der Jahrhunderte sich wirklich sehr geringfügig änderte, so ist sie seit nur 50 Jahren, in einem Zeitraum der nur 2,5% der gesamten Kirchengeschichte ausmacht, einem permanenten Wandel unterworfen, der niemandem gut tut, da die Menschen vor solch einer Liturgie einfach davonlaufen. Daher beträgt der durchschnittliche Gottesdienstbesuch am Sonntag in Frankreich 2 % und in Deutschland 9,8 % und er fällt weiterhin. Interessanterweise hat Dom Prosper Guéranger den liturgischen Niedergang, welcher aus falschen Prämissen resultiert, gleichsam prophetisch vorausgesehen. Wie wir sehen werden ist seine Analyse wirklich meisterhaft.

[1] http://www.solesmes.com/GB/entree.php

[2] http://www.solesmes.com/GB/entree.php

[3] Mehr Informationen zum Schrifttum des Abtes Guéranger, P., St. Benediktusbüchlein. Die Medaille des Heiligen Benedikt, Stuttgart: Sarto 2015, 7-14.

[4] http://www.abbaye-saint-benoit.ch/gueranger/institutions/index.htm

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