Tradition und Glauben

Dom Prosper Guéranger OSB – Leben und Werk (1 von 7)

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Abwechselnd mit anderen unseren Materialien wollen wir hier in Abschnitten die Schrift „Antiliturgische Häresie“ von Abt (=Dom) Prosper Guéranger (1805-1875) vorstellen. Dies soll teilweise in der Übersetzung von Prof. Michael Fiedrowicz[1] und teilweise in unserer eigenen Übersetzung erfolgen, da die vorliegende deutsche Übersetzung den letzten, gleichsam krönenden, Teil nicht enthält.

Prosper Guéranger, der als der eigentliche Begründer der liturgischen Bewegung gilt, ist wahrscheinlich dem deutschsprachigen Leser bekannt. Da man aber einerseits das Vorwissen des Lesers nicht überschätzen, andererseits aber es auch nicht unterschätzen sollte, so wollen wir das Leben und Werk des französischen Abtes hier kurz darstellen.

Die Liturgische Bewegung – ihre „Rechte“, ihre „Linke“ und die Jugendbewegung

Vorangehend sei angeführt, dass wenn man heutzutage in den deutschsprachigen Landen den Begriff „liturgische Bewegung“ liest, so empfindet man als ein traditionell eingestellter und romtreuer Katholik bei diesem Begriff zumindest Abneigung, wenn nicht gar Aggression oder Ekel. Denn, so denkt mancher, hätte es die liturgische Bewegung nicht gegeben, so hätten wir nicht in unseren Kirchen das, was wir haben und wovor man am liebsten davonlaufen würde. Dennoch war die liturgische Bewegung in ihren Anfängen etwas Gutes. Erst in den 1920er Jahren nahm sie eine Wendung, welche sich auf die lange Sicht dermaßen verheerend erwiesen hat.[2] Es lässt sich durchaus die Meinung vertreten, dass so wie die Hegelianer in die hegelsche Rechte[3] und die hegelsche Linke[4] zerfielen, wovon die Letztere schließlich in den Marxismus-Leninismus mündete, so zerfiel auch die liturgische Bewegung in die Rechte, von welcher man kaum noch etwas weiß, und in die Linke, welche sich schließlich beim letzten Konzil und in der nachfolgenden Zeit kräftig durchsetzte. Dieser „liturgischen Linken“, auf die wir an dieser Stelle nicht näher eingehen wollen, gehörten solche Leute an wie: Dom (Abt) Lambert Beaudauin (1884-1960), Abt Ildefons Herwegen (1874-1946) und sein Schüler Abt Odo Casel (1886-1948), Romano Guardini (1885-1968), Pius Parsch (1884-1954),[5] ferner die späteren berühmten Joseph A. Jungmann SJ (1889-1975), Louis Bouyer (1913-20014)[6], Giovanni Battista Montini (1889-1978)[7], der spätere Papst Paul VI., und schließlich Annibale Bungini (1912-1982), der all diese theoretischen Vorüberlegungen praktisch zum Abschluss brachte. Es ist natürlich schwierig zu beurteilen, inwieweit all diese vorher genannten Männer mit der jetzigen liturgischen Situation einverstanden gewesen wären und inwieweit sie diese von der Intention her tatsächlich gewollt haben. Aber den einen oder den anderen Grundstein, soviel steht fest, haben sie doch tatsächlich dazu gelegt.

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Dennoch hätte die liturgischen Theorien keinen so großen Einfluss auf die Kirche gehabt, wäre die liturgische Linke in den 1920er Jahren nicht mit der Jugendbewegung verschmolzen. Es entstand dabei eine Spezies der ewig-reformfreudigen, jugendlichen Alten, eine Art Vor-1968er, welche Martin Mosebach als die Generation seiner Eltern beschreibt. Lassen wir ihn zu Wort kommen:

„Ich bin nach dem Krieg, 1951, geboren. Als Kind erlebte ich bei meinen Eltern ältere Herrschaften, intellektuelle mit schlohweißem Haar, die Männer hatten einen so genannten Cäsarschnitt, die Frauen Pony, und sie trugen unförmige Bernsteinketten zum Sackkleid. Die Moderne hatte für mich ein greisenhaftes Antlitz. Die prägende Erfahrung dieser Menschen war die Jugendbewegung vor dem Ersten Weltkrieg. Sie ist der große Ideenkochtopf des Jahrhunderts. Politische Bewegungen, die Todfeinde wurden, haben Pate gestanden, man denke an den Kommunismus und Nationalsozialismus. Und nicht nur Nacktkultur, Feminismus, Vegetarianismus, Lebensreform, Neuheidentum, pseudoindische Meditation, Gay Liberation, Klampfenmusik und das Bauhaus haben hier Wurzeln und Ursprünge, sondern auch die Liturgiereform. Dass am Grund all diese Bewegungen auch der glühende Idealismus von guten Menschen zu finden ist, die missbraucht und verraten wurden, steht auf einem anderen Blatt. Aber die Zerstörungslust, die man einst an den Lagerfeuern mit heißen Backen beschwor, als man den Sturz des Alten und das Kommen herrlicher neuer Zeiten zusammenphantasierte, hatte sich aus der infantilen Phase bis in ein erstaunlich hohes Alter erhalten.“[8]

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Interessanterweise hat sich diesbezüglich in Deutschland seitdem wenig geändert, da der liturgische Geschmack mit den Jugenderinnerungen zusammenzuhängen scheint. So gehört die Mehrheit der katholischen Gottesdienstbesucher, man geht hier nicht mehr zur Messe, sondern zum Gottesdienst, derjenigen Generation an, welche in der Konzilszeit oder kurz danach ihre Jugend verlebt hat. Die Älteren sind mittlerweile gestorben, die Jüngeren sind nicht nachgewachsen. Die katholische Kirche in Deutschland ist also größtenteils zu einer Kirche einer bestimmten Alters- und Bildungsschicht geworden und zwar zu einer Kirche eines bestimmten Bildungsbürgertums im Alter ab 65 aufwärts. Diese Menschen sind meistens in der Kirche anzutreffen und sie gleichen einander auch optisch so sehr, dass ein Außenstehender manchmal den Eindruck hat zufällig in eine Familienfeier geraten zu sein. Die Ansichten sind auch gleichermaßen uniform: mehr Laien, mehr Engagement (was auch immer dies bedeuten mag), weniger Zölibat, weniger Rom usw. usw. wir kennen es alle zur Genüge. Diese Menschen halten sich für modern und jugendlich, während sie eigentlich alt-liberale „Konservative“ sind. Sie werden in ihren Ansichten von ihren Priestern, die auch aus derselben Generation stammen, bestätigt und so bleibt man unter einander. Diese Mentalität, welche auch die jüngeren Generationen im positiven oder negativen Sinne formt, ist auf die Jugendbewegung und die liturgische Bewegung zurückzuführen, welche eigentlich auf den zu besprechenden Prosper Guéranger zurückgeht.

[1] Enthalten in Una Voce Korrespondenz 3 (2010) 33-36.

[2] Bonneterre, Didier, The Liturgical Movement: Guéranger to Beauduin to Bugnini, Kansas City: Angelus Press 2002. Originalausgabe ders., La Mouvement Liturgique de Dom Guéranger à Annibal Bugnini, Escurolles, France: Editions Fideliter 1980. Zitiere nach Cekada, Anthony, Work of Human Hands. A Theological Critique of the Mass of Paul VI, West Chester: Philotea Press 2010, 14-18. Obwohl Rev. Cekada ein Sedisvakantist ist, so ist sein hier zitiertes Werk sehr empfehlenswert, soweit wir es durchgearbeitet haben, objektiv und wurde daher u.a. von Rorate Caeli in hohen Tönen gelobt. http://rorate-caeli.blogspot.com/2010/07/work-of-human-hands.html

[3] http://en.wikipedia.org/wiki/Right_Hegelians

[4] http://en.wikipedia.org/wiki/Young_Hegelians

[5] Cekada, 15-17.

[6] Ebd., 32-40.

[7] Ebd. 40-44.

[8] Mosebach, Martin, Häresie der Formlosigkeit. Die römische Liturgie und ihr Feind, München: Deutscher Taschenbuchverlag 2012, 76-77.

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