Tradition und Glauben

Fr. Pietro Leone: “Die Theologie des Leibes”. (3) “Selbsthingabe” und “Erlösung des Leibes”

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II

Eheliche Liebe an sich betrachtet

1.     Eine Liebe, die sich völlig selbst hingibt

Die Grundlage der Theologie des Leibes ist die These, dass der Akt ehelicher Liebe in

“der völligen gegenseitigen Selbsthingabe von Ehemann und Ehefrau”  (Familiaris Consortio 32, zitiert im Neuen Katechismus 2370)

bestehe. Für den Fall, dass diese These falsch wäre, fiele das gesamte Gedankengebäude der Theologie des Leibes in sich zusammen.

In Kapitel 4 des vorliegenden Buches haben wir dargestellt, dass diese These falsch ist: erstens metaphysisch, weil die menschliche Person nicht mitteilbar ist; zweitens physisch, weil der Akt der ehelichen Liebe wesentlich die Suche nach der Lust und die Inanspruchnahme der Lust beinhaltet, ohne welche der Akt tatsächlich unmöglich wäre; und drittens moralisch, weil die totale Selbsthingabe Gott allein geboten ist und auch nur ihm allein  (Lk. 10.27) möglich ist, wohingegen dem Menschen geboten wird, seinen Nächsten in geringerem Maße zu lieben, und wo es eheliche Beziehungen betrifft, ist Maß und Anstand verlangt.[1] (siehe Der Römische Katechismus zum Gebrauch der Ehe). Tatsächlich wäre es Götzendienst, seinen Nächsten mit einer völligen, im Sinne von totalen, Liebe zu lieben.[2]

 2. Die Erlösung des Leibes

In der Theologie des Leibes, zumindest wie sie von West dargestellt wird, befähigt die Gnade Männer und Frauen in der gegenseitigen und aufrichtigen Hingabe seiner selbst zu leben (cf. Päpstliche Ansprache vom 30 Januar 1980, West S.42), genau so, wie zu Beginn Mann und Frau mit Gnade erfüllt wurden. Durch diese Gnade befruchtet der Heilige Geist unsere sexuellen Begierden “mit allem, was edel und schön ist”, mit „dem höchsten Wert, welcher die Liebe ist.” (Päpstliche Ansprache vom 29 Oktober 1980, West S. 43-44). Gleicherweise lässt die Keuschheit

„uns den menschlichen Körper, den eigenen und den des Nächsten – als Tempel des Heiligen Geistes erkennen, als eine Manifestation der göttlichen Schönheit“. (Der Neue Katechismus 2519, West S.47).

Es wird hier angedeutet, dass die Gnade (obgleich in Verbindung mit Abtötung, West S.47) den Menschen befähigt, den Zustand seiner Ureltern wieder zu erlangen.[3] Jedoch wurde ihr Zustand, jener der aufgerichteten Natur, unwiderruflich durch die Erbsünde verloren, und überdies unterscheidet er sich von unserem Zustand, dem der gefallenen Natur, nicht nur im Hinblick auf die Gnade, sondern auch im Hinblick auf die Konkupiszenz, das heißt die Herrschaft der Leidenschaften über den Verstand, was wiederum eines der Übel ist, die der Sündenfall, dem die gesamte Menschheit unterworfen ist (selbstverständlich mit Ausnahme der Allerseligsten Jungfrau Maria. Siehe Kapitel 2 des vorliegenden Buches) mit sich gebracht hat. Die Theologie des Leibes, bedacht, die positive Seite der ehelichen Liebe darzustellen, vernachlässigt in weiten Teilen die Konkupiszenz,[4] und zeigt damit ein unvollständiges und unrealistisches Bild dieser Liebe. Die Kirche, im Gegensatz dazu, hat diese objektive Unordnung, im Sinne einer ungeordneten Neigung, in der menschlichen Natur immer eingestanden und ernst genommen, und in der Tat den dritten Zweck der Ehe als “Heilung der Konkupiszenz” definiert.[5]

[1] Mäßigung im Bereich der Sexualität ist gleichbedeutend mit Keuschheit;  Anstand ist eine Tugend, welche zur Mäßigung komplementär ist (siehe Kapitel 11).

[2] Zu Beginn dieser Betrachtung wird es sinnvoll sein, kurz drei grundsätzliche Formen der Liebe zu unterscheiden, die in Kapitel 2 im Detail aufgeführt sind. Erstens ist da die sinnliche Liebe (für die Leidenschaft der Liebe), von der die sexuelle Liebe ein Beispiel ist; zweitens gibt es die vernünftige Liebe (oder die Tugend der Liebe); drittens die Nächstenliebe, welche die Form der vernünftigen Liebe ist, die durch die übernatürliche Gnade erhöht ist. Im Licht dieser Unterscheidungen, ist der Akt der ehelichen Liebe in seiner idealen Form zu verstehen als ein Akt sinnlicher Liebe, durchdrungen von der die vernünftigen Liebe, welche die Eheleute befähigt, sich gegenseitig zu lieben nicht als Objekt, sondern als Person, und weiter durchdrungen von der Nächstenliebe, welche die Eheleute befähigt, den anderen in Gott und um  Gottes Willen zu lieben.

[3] In diesem Zusammenhang beziehen wir uns auf sein Konzept der “Unschuld des Urzustandes” im Auftritt vom 26. Sept. 1979, durch das der Papst möglicherweise versucht, die Möglichkeit einer Rückkehr zum Zustand der ersten Eltern zu rechtfertigen, auch wenn diesem Konzept Klarheit fehlt. Der Papst spricht von “dieser wahren Unschuld des Menschen als seinen ursprünglichen und grundlegenden Zustand, als eine Dimension seines Erschaffenseins nach dem Bild Gottes.” Zusätzlich sagt er folgendes: “Diese Gegebenheiten (“Unschuld des Urzustandes” und “Erbsünde”) haben eine spezifische Dimension im Menschen, in seinem innersten Selbst, in seinem Wissen, seinem Bewusstsein, in seiner Wahl und seiner Entscheidung”; und dass sie verbunden sind, da der “Sündenstand”, welcher ein Teil des “historischen Menschen” sei, dieser Zustand schlägt Wurzeln ausnahmslos in jedem Menschen, in seiner eigenen theologischen „Vorgeschichte“, welche den „Unschuld der Urzustandes“ darstellt. An einer anderen Stelle beschreibt Johannes Paul II die Ursünde als einen Zustand, in welchem „der Mensch seine ursprüngliche Unschuld“ verliert und in der Rede vom 12 September 1979 sagt er dass, „die erste Darstellung der Erschaffung des Menschen theologischer Natur ist“. Diese Lehre ist unklar, unter anderem deswegen, weil sie zwischen einem supernaturalistischen und naturalistischen Konzept vom „Urzustand der Unschuld“ hin und her schwingt. Das Konzept hat einen supernaturalistischen Unterton inwiefern „der Urzustand der Unschuld“ als eine Eigenschaft dargestellt wird, welche der Mensch in der „theologischen“ Darstellung der Schöpfung erhält und welche er durch den Sündenfall verliert; es hat auch einen naturalistischen Unterton insofern es von der Schöpfung (im Verständnis des traditionell-katholischen Begriffes der Schöpfung) herrührt und inwiefern es als ein bleibender Zustand des Menschen, ja aller Menschen dargestellt wird.

[4] Einer der Kritikpunkte gegen Mr. Wests Ansicht Darstellung wurde von Dr. Alice von Hildebrandt in ihrem Artikel vorgebracht. Sie  vergleicht die [Darstellung der ehelichen Liebe von Johannes Paul II] mit der Arbeit ihres Mannes [Dietrich von Hildebrandt zu diesem Thema] [ihr] Vorwurf lautet, dass die Darstellung [der Theologie des Leibes von Johannes Paul II] die Wirkungen der Ursünde auf die menschliche Natur (conditio humana) unterschätzt.

[5] In der Tat, seit es die Tugend der Keuschheit ist, welche gegen (fleischliche) Konkupiszenz kämpft, ähneln jene, welche diese Tugend vollkommen zu leben suchen (durch das Gelübde der vollkommenen Keuschheit) mehr unseren Ureltern vor dem Fall als Eheleute.

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