
Kardinal Bona stellt in diesem Kapitel verschiedene Ansichten der Theologen über das Wesen der Unterscheidung der Geister dar. Einige Autoren sehen sie als Prophetie, d.h. als die Erkenntnis künftiger Ereignisse oder eine genaue Erkenntnis des Gegenwärtigen, andere wiederum betrachten sie als die Herzensschau, d.h. die genaue Erkenntnis des psychischen oder geistlichen Zustandes einer Person. Natürlich stellt sich für alle Leser die Frage, wo das Natürliche aufhört und das Übernatürliche anfängt. Anders formuliert, kann man fragen, ob ein Analytiker eines Geheimdienstes der eine bestimmte kommende Bedrohung richtig erkennt die Gabe der Prophetie ausübt? Kann ein Psychoanalytiker mit viel Erfahrung oder ein Beichtvater mit ebenfalls viel Erfahrung, der die inneren Beweggründe erleuchtet von sich sagen, dass er die Gabe der Herzensschau hat? Die Antwort dazu lautet: “Nein”.
Bei der Prophetie und der Herzensschau handelt es sich um Dinge, die, wie Kard. Bona schreibt, “über die Vernunft hinausliegen und Bestätigung über eigentlich göttliche Kraft bedürfen”. Dies bedeutet, dass man mit natürlichen Mitteln dorthin nicht gelangen kann. Es wird von vielen Heiligen überliefert, dass ihre persönlichen, analytischen Fähigkeiten nicht dazu ausreichen bestimmte Ereignisse, sei es innerer oder äußeren Art vorauszusehen. Andere wiederum hatten sehr gute Anlagen, welche durch die Gnade noch verstärkt wurden. Jeder, der im Gnadenstand lebt und ein ausdauerndes Gebetsleben führt, wird mit der Zeit erkennen, dass er auch bei natürlicher Erkenntnis bestimmte Perspektiven sieht oder manche Gegenstände der Erkenntnis vom göttlichen Licht erleuchtet erfährt, welche ihm eine äußere und innere Erkenntnis ermöglicht, die ein Sünder oder Ungläubiger einfach nicht hat. Diese Erkenntnis betrifft natürlich theologische und spirituelle “Dinge” für das eigene Leben, nicht den Börsenkurs oder den prophetischen Dienst für die Kirche.
Kapitel II
Es gibt eine doppelte Gnade: die eine ist die rechtfertigende und gottgefällig machende (gratia gratum faciens); die andere ist die vorzugsweise frei verliehene Gnade (gratia gratis data). – Worin jede der beiden bestehe. – Die Unterscheidung der Geister hat unter den frei verliehenen Gnaden gaben den Vorzug.- Was diese Unterscheidung sei. – Ob sie nach Art einer bleibenden Eigenschaft (habitus) verliehen werden. Es gibt zwei Arten derselben, deren eine von Gott eingegossen, die andere aber als eine Fertigkeit durch Übung erlangt wird.
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