
2. Ordensleben als Leistungssport
Ein Leistungssportler braucht Training, einen Trainer, ein Trainingsprogramm außerdem die richtige Ernährung, dann wird was aus ihm. Das Training aber, um bei diesem Beispiel zu bleiben, wurde durch die nachkonziliaren Reformen geändert, da wirklich alle Orden, auch die strengsten wie die Karthäuser und Kamaldulenser eingeschlossen, ihrer Ordensregel verändert, indem sie diese liberalisiert und erleichtert haben. Und all dies gemäß den Weisungen des Konzils. Aber noch niemals in der Kirchengeschichte wurde eine bessere Ordensdisziplin durch Liberalisierung erreicht. Alle Ordensgründer, der heilige Benedikt, der heilige Franziskus u.a., und Ordensreformatoren, die heilige Theresia von Avila und heilige Johannes vom Kreuz, haben entweder strenge Ordensregeln eingeführt oder einen Ordenszweig gegründet, der strenger als der ursprüngliche Zweig, lebte. Dass sie dabei nicht nur auf Gegenliebe gestoßen sind, wie der Giftmordanschlag auf den heiligen Benedikt und Gefängnis und Folter bei Johannes vom Kreuz zeigen, versteht sich von selbst. Die Ordensregel dient dazu einen Schutzwall gegen die drei Feinde des Mönches oder der Nonne zu errichten: gegen die Welt, gegen das Fleisch also die eigenen ungeordneten Neigungen im moraltheologischen Sinne und gegen den Teufel.
Da das Ordensleben mit den Wüstenvätern während der arianischen Krise im vierten Jahrhundert anfing, so hat man bis zum 28. Oktober 1965, als das Dekret des Vatikanum II über die zeitgemäße Erneuerung des Ordenslebens Perfectae Caritatis feierlich verkündet wurde, innerhalb der 1600 Jahre der Ordensgeschichte viele Schutzmechanismen erarbeitet. Den Inhalt von Perfectae Caritatis werden wir uns an einer anderen Stelle vornehmen. An diesem Punkt wollen wir nur feststellen, dass das Ordensleben sicherlich immer erneuerbar ist, da die von der Erbsünde verdorbene Natur einen immer wieder individuell und kollegial nach unten zieht. Warum soll aber das Ordensleben auf einmal zeitgemäß sein, wo es dies niemals war?
Das Ordensleben steht ja für den kontemplativen Endzustand des Himmels, der auch nicht zeitgemäß, da zeitlos ist. Durch die Forderung der Zeitgemäßheit, welche von fast allen Orden im Geiste des Gehorsams umgesetzt wurde, wurden all die durch die 1600 Jahre gewachsenen Schutzmaßnahmen gegen die Welt, das Fleisch und den Teufel außer Kraft gesetzt. Auf die Ergebnisse brauchte man nicht lange zu warten. So wurde, um bei unserer Sportmetapher zu bleiben, das Training reduziert oder gänzlich ausgesetzt, da auf einmal die untrainierte Fettleibigkeit zum Synonym des Sportlers wurde. Aber dem geistlichen Athleten wurde auch die Nahrung entzogen und zwar durch die Änderung des Breviers, durch die Reduzierung anderer Gebete und frommer Praktiken, sowie durch die Änderung der Messe und der Liturgie als solchen. Denn Liturgie wirkt sowohl ex opere operato als auch ex opere operantis. Diejenigen Orden, welche, aufgrund ihrer Strenge, eigentlich immer wenig Kandidaten oder Ordensleute hatten, konnten auch bei einer Änderung der ursprünglichen Regel einigermaßen ihr Überleben sichern, da auch die geänderte Regel noch streng genug war. Dies war beispielsweise bei den nachkonziliaren Karthäusern der Fall.
Die Ordensreform hat aber sich vor allem dort negativ ausgewirkt, wo, wie bei den tätigen Orden, die Regel nicht dermaßen streng wie bei den kontemplativen Orden war. Man kann dies in etwa mit jemand vergleichen, der sechsmal die Woche intensiv trainiert. Trainiert er beispielsweise nur viermal die Woche, so merkt er selbst die Einbußen, aber er ist immer noch in einer guten Verfassung. Trainiert aber jemand nur zweimal die Woche und reduziert sein Training auf einmal die Woche oder alle zwei Wochen einmal, so merkt er selbst schnell den eigenen Verfall. Da die tätigen Orden, aufgrund ihres Tätig-Seins, eine weniger strenge Regel als die kontemplativen Orden hatten, so wurde die Liberalisierung derselben ihnen zum Verhängnis. Denn im Gegensatz zu den kontemplativen Orden sind die tätigen Orden den weltlichen Einflüssen, da sie mit den Weltleuten ständig zu tun haben, permanent ausgesetzt. Wird ihr Training, sprich ihrer Regel, ausgesetzt oder vermindert und ihre Nahrung, sprich ihr vorgeschriebenes Gebet, reduziert, so braucht man auf die Ergebnisse nicht lange zu warten. Ferner muss dieselbe „Leistung“ wie in den vorigen Ordensgenerationen erbracht werden oder gar eine größere, da man seit dem Konzil mit der Welt im Dialog bleiben und „an die Ränder der Gesellschaft“ sich begeben soll. Obwohl die nachfolgende Behauptung sicherlich noch durch das Quellenstudium und Statistik untermauert werden sollte, so kann man sagen, dass wirklich alle Orden damit gescheitert sind. Sie haben ihre Identität verloren und niemanden bekehrt. Da die weiblichen Orden aus, kanonisch und theologisch gesehen, Laien bestehen, die, im Gegensatz zu den Ordenspriestern, durch kein zusätzliches Sakrament seinsmäßig verändert wurden, so machte sich diese nachkonziliaren Entwicklung zuerst bei den weiblichen tätigen Orden und später bei den Ordensbrüdern bemerkbar. Auch in Polen, welches bis 1989 keine Berufungsprobleme zu beklagen hatte, macht sich langsam ein Nachwuchsmangel in den weiblichen, tätigen Orden bemerkbar. Diese Entwicklung geht sicherlich auf den negativen Einfluss der westlichen Theologie zurück, welcher durch die kommunistische Isolation bis 1989 oder der Wende unterbunden wurde. Ähnliche Entwicklung auch haben die wenigen weiblichen Orden in Ostdeutschland durchgemacht. Denn zurzeit zerschlagene Orden der Immakulata zeigte, dass eine strenge Regel, welche tatsächlich im vorkonziliaren Stil praktiziert wurde, Nachwuchs sichert. Da diese Entwicklung die gesamten nachkonziliaren Ordensreformen infrage stellte, so durfte dieser Orden nicht gewähren. Wir hoffen aber, dass er im nächsten Pontifikat, so Gott will, aufleben wird.
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