
Evangelium des vierten Sonntags in der Fastenzeit
Joh 6, 1 – 15 Jesus fuhr über den Galiläischen See, den See von Tiberias. Eine große Volksmenge folgte ihm, weil sie die Wunder sah, die er an den Kranken wirkte. Da stieg Jesus auf einen Berg und setzte sich dort mit seinen Jüngern nieder. Ostern, das Fest der Juden, war nahe. Als nun Jesus die Augen erhob und die herbeigeströmte Volksmenge überblickte, sprach er zu Philippus: „Woher sollen wir Brot kaufen, daß die Leute essen können?“ – Das sagte er, um ihn auf die Probe zu stellen; denn er wußte, was er tun wollte. – Philippus antwortete ihm: „Für zweihundert Denare Brot reicht nicht für sie, selbst wenn jeder auch nur ein wenig erhalten soll.“ Einer von seinen Jüngern, Andreas, der Bruder des Simon Petrus, sagte zu ihm: „Hier ist ein Knabe, der hat fünf Gerstenbrote und zwei Fische. Allein was ist das für so viele?“ Jesus sprach: „Laßt die Leute sich lagern.“ Es war nämlich viel Gras an der Stelle. So lagerten sich denn die Männer, etwa fünftausend an der Zahl. Jesus nahm nun die Brote, dankte und ließ sie an alle austeilen, die sich gelagert hatten; ebenso auch die Fische, soviel sie davon wollten. Als sie gesättigt waren, sprach er zu seinen Jüngern: „Sammelt die übriggebliebenen Stücklein, damit sie nicht verderben.“ Da sammelten sie von den fünf Gerstenbroten zwölf Körbe voll Stücklein, die beim Essen übriggeblieben waren. Als die Leute das Wunder sahen, das Jesus gewirkt hatte, sprachen sie: „Das ist wahrhaftig der Prophet, der in die Welt kommen soll.“ Da Jesus erkannte, daß sie kommen und ihn mit Gewalt zum König machen wollten, zog er sich wieder ganz allein auf den Berg zurück.
Predigtext des Kirchenvaters
Auslegung vom heiligen Bischof Augustinus.
Die Wunder, die unser Herr Jesus Christus gewirkt hat, sind gewiß Werke göttlicher Kraft, und sie mahnen unseren Geist dazu, Gott aus den sichtbaren Werken kennen zu lernen. Weil er eben nicht ein solches Wesen ist, das mit körperlichen Augen geschaut werden kann; und weil seine staunenswerte Tätigkeit, mit der er die ganze Welt lenkt und die ganze Natur versorgt, infolge der Ständigkeit wenig beachtet wird, so daß beinahe niemand sich herabläßt, auf die wunderbaren und staunenswerten Werke Gottes in jedem Samenkörnlein zu achten, hat er sich gemäß seiner Barmherzigkeit einiges vorbehalten, was er zu gelegener Zeit außerhalb des gewohnten Laufes und außerhalb der Ordnung der Natur wirkt, damit beim Schauen von nicht größeren, aber ungewohnten Dingen diejenigen zum Staunen kämen, denen das Alltägliche minderwertig geworden war.
Es ist nämlich ein größeres Wunder, die ganze Welt zu lenken, als fünftausend Menschen mit fünf Broten zu speisen. Und doch wundert sich darüber niemand; über jenes wundern sich die Menschen, nicht weil es etwas Größeres, sondern weil es etwas Selteneres ist. Wer nämlich anders ernährt denn auch jetzt die ganze Welt als derjenige, der aus wenigen Samenkörnern die Ernte schafft? Er hat also gewirkt, wie Gott wirkt. Wie er nämlich aus wenigen Samenkörnern eine so reiche Ernte wachsen läßt, in derselben Weise hat er in seinen Händen die fünf Brote vermehrt; die Macht war ja doch in den Händen Christi. Die fünf Brote aber waren gleichsam Samenkörner, die zwar nicht der Erde übergeben, aber von demjenigen, der die Erde geschaffen, vermehrt worden waren.
Das also ist den Sinnen vorgehalten worden, wodurch der Geist angeregt wird; und das wird den Augen sichtbar gemacht, wodurch der Verstand in Tätigkeit gebracht werden soll, auf daß wir den unsichtbaren Gott auf Grund der sichtbaren Werke bewundern und, durch den Glauben angeregt und auf Grund des Glaubens gereinigt, Verlangen tragen nach dem Schauen des Unsichtbaren selbst, den wir aus den sichtbaren Dingen als Unsichtbaren erkennen. Fragen wir doch die Wundertaten Christi selbst, was sie uns von Christus sagen wollen. Und doch genügt es nicht, bei den Werken Christi darauf zu achten; sie haben nämlich, wenn sie verstanden werden, ihre eigene Sprache. Denn weil Christus das Wort Gottes ist, deshalb ist auch das Werk des Wortes für uns ein Wort.
V. Du aber, o Herr, sei uns gnädig.
R. Gott sei Dank gesagt.
Kirchengebet zum vierten Sonntag in der Fastenzeit
Verleihe, wir bitten Dich, allmächtiger Gott! daß wir, die wir aus eigenem Verschulden für unsere Handlungen gezüchtiget werden, durch den Trost deiner Gnade Erleichterung finden. Amen.
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