
Evangelium des fünfzehnten Sonntags nach Pfingsten
Lk 7, 11 – 16 Darauf ging Jesus in eine Stadt mit Namen Naim. Viele seiner Jünger und zahlreiches Volk zog mit ihm. Als er in die Nähe des Stadttores kam, siehe, da trug man einen Toten heraus, den einzigen Sohn seiner Mutter, und diese war Witwe. Viel Volk aus der Stadt ging mit ihr. Als der Herr sie sah, ward er von Mitleid mit ihr ergriffen und sprach zu ihr: „Weine nicht!“ Dann trat er hinzu und rührte die Bahre an. Die Träger blieben stehen. Und er sprach: „Jüngling, ich sage dir, steh auf!“ Da richtete sich der Tote auf und begann zu sprechen. Und er gab ihn seiner Mutter. Furcht ergriff alle. Sie priesen Gott und sagten: „Ein großer Prophet ist unter uns aufgestanden; Gott hat sein Volk heimgesucht.
Predigttext des Kirchenvaters
Auslegung vom heiligen Bischof Augustin.
Über die Auferweckung jenes Jünglings freute sich die verwitwete Mutter; über die geistiger Weise täglich zum Leben erweckten Menschen freut sich die Mutter Kirche. Jener war leiblich gestorben, diese sind es der Seele nach. Bei jenem wurde der sichtbare Tod sichtbar beweint; bei diesen wurde der unsichtbare Tod gar nicht beachtet und gar nicht gesehen. Jener hat darauf geachtet, der die Toten kannte. Jener allein kannte die Toten, der die Macht hatte, sie lebendig zu machen. Wenn er nämlich nicht zur Auferweckung der Toten gekommen wäre, würde der Apostel nicht sagen: „Steh auf, du Schläfer, und erhebe dich vom Tode, auf daß dich Christus umstrahle.“
Drei Tote treffen wir, die vom Herrn sichtbar auferweckt wurden, Tausende sind es, bei denen es unsichtbar geschieht. Wie viele Tote er aber sichtbar auferweckte, wer weiß das? Es ist doch nicht alles, was er getan hat, beschrieben. Johannes hat dies gesagt: „Vieles andere Wunderbare hat Jesus gewirkt; und wenn dieses aufgeschrieben worden wäre, würde, glaube ich, die ganze Welt die Bücher nicht fassen können.“ Viele andere sind also zweifellos auferweckt, aber drei nicht ohne Grund erwähnt. Jesus Christus wollte nämlich, daß das, was er äußerlich wirkte, auch im geistigen Sinne verstanden würde. Denn er wirkte die Wunder nicht allein um der Wunder willen, sondern damit das, was er wirkte, als Wunder gelte vor den Zuschauern, als Wahrheitslehre vor denen, die Verstand haben.
Wie einer, der die Buchstaben in einem sehr gut geschriebenen Buche anschaut, aber nicht lesen kann, wohl die Handschrift des Schreibers lobt vor Bewunderung über die Schriftzüge, aber nicht weiß, was diese besagen wollen, was die Schriftzüge anzeigen, und so gemäß dem Auge ein Lobender, im Innern ein nicht Erkennender ist; wie aber ein anderer nicht nur das kunstvolle Werk lobt, sondern auch den Sinn begreift; ein solcher nämlich, der nicht bloß sehen kann, sondern auch den Sinn begreift; ein solcher nämlich, der nicht bloß sehen kann, was allen gemeinsam ist, sondern auch lesen kann; – und das kann der, der es nicht gelernt hat, nicht; so haben diejenigen, die Christi Wunder gesehen, aber nicht verstanden haben, was sie besagen wollten, und was sie den Verständigen gleichsam zuwinkten, sie nur deshalb bewundert, weil sie geschehen sind; andere haben nicht bloß die Taten bewundert, sondern auch das Verständnis davon erlangt. Solche müssen wir in der Schule Christi sein.
V. Du aber, o Herr, sei uns gnädig.
R. Gott sei Dank gesagt.
Kirchengebet
O Herr! reinige deine Kirche, und schütze sie durch deine fortdauernde Erbarmung! und weil sie ohne Dich nicht bestehen kann, so laß sie stets unter deinem Schutze regieret werden! Amen.
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