Tradition und Glauben

Ratzinger – kein “Mozart der Theologie”: Spadafora-Kritik. (8) Leserzuschrift oder ein Zwischenspiel

Eine Leserzuschrift und darüber, was eine Häresie wirklich ist.
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Lese-Vorlesezeit: 8/16 Min

Da der nächste Teil der Ratzinger-Analyse lang, schwierig und dogmatisch anspruchsvoll sein wird, daher schalten wir hier einen Zwischenteil vor, der aus der Analyse einer Leserzuschrift sowie einer theologischen Hilfestellung besteht.

Sie werden also erfahren:

  1. wie sich eine Dame über DSDZ aufregt,
  2. was es mit den theologischen Gewissheitsgraden und Zensuren auf sich hat (in Tabellenform).

Eine Leserzuschrift

DSDZ hat neulich einen Leserbrief besonderer Art erhalten, aus dem hervorgeht, dass es Menschen gibt, die wirklich seine Texte:

  1. lesen,
  2. verstehen,
  3. die richtigen Konsequenzen daraus ziehen können.

Soweit – so gut.  

Der Brief, anonymisiert, lautet wie folgt:

Die Artikelreihe “Ratzinger kein Mozart der Theologie” in “Tradition und Glauben”, für das Sie zeichnen, hat mich zutiefst verunsichert und ja, sprachlos und entsetzt, zurückgelassen.

Als Frau, Mutter und Grossmutter denke ich, dass solche Artikel mehr spalten als einen.

Als praktizierende Katholikin habe ich, jedenfalls bis jetzt und auch nach meiner Auseinandersetzung mit diesen Artikeln, kein Zitat von Ratzinger gefunden, welches dem Glaubensgut der Tradition widerspricht.

Da hat wohl auch Spadafora seine Kritik auf vielen Missverständnissen aufgebaut und diese werden nun, im Festmachen und bissigen Kommentieren noch missverständlicher, wenn nicht gar in böswilligerem Jargon verstärkt.

Ratzinger formuliert die alten Dogmen ganz einfach in einer neuen Sprache und unter neuen Erkenntnissen und ich kann sie, für mich jedenfalls gut deuten und habe bis heute keine Häresien bei ihm festmachen können.

Im Gegenteil. Ohne ihn, hätte ich meinen Glauben nicht zu erhalten vermocht.

Bestimmt hat der Schreiber dieser Artikel, DSDZ, gute Absichten, aber die Missverständnisse und Missinterpretationen der Theologie Ratzingers sind doch so gravierend, dass ich Ihnen schreiben muss.

Fassen wir zusammen:

  1. Weil Ratzinger der Dame in Ihrem Glauben geholfen hat,
  2. daher kann er keine Häresien verbreiten
  3. deswegen muss sich DSDZ irren,

Wie sähe der Gegenentwurf aus?

  1. Ratzinger hat dem Glauben der Dame geschadet,
  2. Weil er Häresien verbreitet hat,
  3. Und DSDZ sieht es richtig.

Vielleicht denkt die Dame, wie viele von uns, dass sie noch „gut katholisch“ ist, obwohl es nicht stimmt. DSDZ musste auf seinem Weg zum Traditionalismus viele seiner früheren Ansichten über Bord werfen, was recht schmerzlich war, denn er stellte fest wie „unkatholisch“ sein konservativer Katholizismus doch war. In seinem Falle begann der Fehler sozusagen nach der dritten oder vierten Kommastelle, was aber ebenfalls zu einem verfälschten Ergebnis führen kann.

Die Dame schreibt:

[…] Befasste mich eingehend auch mit dem Islam, dem Buddhismus und dem Hinduismus.

Den von DSDZ beigefügten Spadafora möchte Sie nicht lesen. Am Ende ihres, DSDZ geschickten Aufsatzes, über einen chinesischen Philosophen  „der sich zuerst für das Christentum interessierte und sich später dem Buddhismus zuwandte“  schreibt sie:

Schlusswort einer Katholikin

In “Nostra aetate”, der Erklärung über das Verhältnis der katholischen Kirche zu den nichtchristlichen Religionen, findet sich die Formulierung:

Die katholische Kirche lehnt nichts von alledem ab, was in diesen Religionen wahr und heilig ist. Mit aufrichtigem Ernst betrachtet sie jene Handlungs- und Lebensweisen, jene Vorschriften und Lehren, die zwar in manchem von dem abweichen, was sie selber für wahr hält und lehrt, doch nicht selten einen Strahl jener Wahrheit erkennen lassen, die alle Menschen erleuchtet.

Augustinus lehrt uns:

Über Gott müssen wir immer denken, aber wir können ihn nicht würdig denken. Jenem sollen wir jederzeit Lobpreis und Segen entrichten, den auszusprechen keine Sprache vermag.

Einer der bekanntesten Schriftsteller Chinas, Duo Duo, schreibt:

In einem Land, in dem es keinen Gott gibt, gibt es auch keine Liebe.

Ein Volk, das keinen Glauben mehr hat, hat auch seine Tradition verloren.

Ein Volk, dass kein religiöses Gefühl kennt, hat auch keine Zukunft.

Wo sind wir? Jawohl, bei Lessings Ringparabel, wonach alle Religionen gleich gut sind, weil sie im Großen und Ganzen dasselbe lehren.

Schreibt die Dame das so?

Nein, aber die Beschäftigung nach der Ratzinger-Lektüre mit „Islam, dem Buddhismus und dem Hinduismus“ lässt auf eine synkretistische Ausrichtung schließen. Ergo: Ratzinger hat ihr doch geschadet.

Diese Reise von Ratzinger über Vat. II zum Buddhismus, Hinduismus, Yoga, Depression und Nachdenken über Euthanasie hat DSDZ bei seiner eigenen Mutter, deren Bücher er neuerdings einordnete und bei anderen oft feststellen können. Wenn man sich immer mehr zu dem allumfassenden Gott hin bewegt, so bleibt man oft vor dem Nichts stehen.

DSDZs Mutter konnte noch im Gnadenstand sterben, weil er in letzter Minute einen Priester organisieren konnte, andere aber haben nicht so viel Glück. Durch Ratzinger und seinesgleichen entfernt man sich immer mehr und mehr vom wahren katholischen Glauben, sodass man von dieser Zentrifugalkraft erfasst im zugestandenen oder verschwiegenen Atheismus endet. Es geschieht nicht gleich, sondern nach und nach, wie ein Satellit, der durch einen Fehler an der 16 Kommastelle nach einigen Jahren von der geplanten Umlaufbahn verschwindet.

Was ist Häresie?

In Einem für die Dame aber recht. Bei Ratzinger sind keine Häresien auszumachen, wenn man den Begriff “Häresie” eng gefasst, im eigentlichen theologischen Sinne verwendet. Die meisten Menschen verwenden das Wort „Häresie“ viel zu inflationär und unbedacht, was DSDZ selbst auch manchmal tut.

Es ist wie in der Rechtssprache: nicht jede Straftat ist ein Verbrechen, denn es gibt auch Vergehen.

Strafgesetzbuch (StGB) § 12 Verbrechen und Vergehen

(1) Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind.

(2) Vergehen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer geringeren Freiheitsstrafe oder die mit Geldstrafe bedroht sind.

Eine Straftat ist also eine rechtswidrige Tat, die sich gegen etwas richtet, was ausdrücklich im Strafgesetzbuch als verboten festgelegt wurde. Dies bedeutet: kein Paragraf – keine Straftat. Nicht jede Straftat aber ist ein Verbrechen. Ein Verbrechen ist nur das, was mindestens mit einem Jahr Freiheitsstrafe bedroht wird. Alles darunter ist ein Vergehen. Ein Knöllchen hingegen ist lediglich eine Ordnungswidrigkeit, da das Falschparken im Ordnungswidrigkeitengesetz und nicht im Strafgesetzbuch als verboten festgelegt wurde.

Häresie ist gleichsam das höchste Verbrechen gegen die Lehre der Kirche und sehr viele Aussagen von Ratzinger und anderen Konzilstheologen erfüllen diesen höchsten Straftatbestand tatsächlich nicht. Sie sind, um bei der juristischen Analogie zu bleiben, Vergehen oder Ordnungswidrigkeiten.

Aber in der Theologie ist es ein wenig komplizierter, sodass wir eine Tabelle nach Diekamp-Jüssen (Katholische Dogmatik, Wil 2012, 82-86) entwickelt haben, die einen groben Überblick über die Notae theologiae und die kirchlichen Zensuren gibt.

BezeichnungBedeutungBeispielZensur
1. De fideWahrheiten mit dem höchsten Gewissheitsgrad, die vom Lehramt als solche festgelegt wurden. Sie werden wie folgt unterteilt:Aussagen, die sich dagegen richten werden bezeichnet als:
a.De fide divina et catholica definita oder de fide definitaWahrheiten, die vom Papst ex cathedra, durch ein allgemeines Konzil oder durch das Lehramt als Dogmen verkündet wurden (de fide ecclesiastica definita).Unbefleckte Empfängnis, alle Glaubensartikel des Quicumque.Sententia haeretica
b. De fide divina et catholica auch de fide divina et ecclesiasticaWahrheiten, die von Gott geoffenbart wurden als solche im unfehlbaren ordentlichem Lehramt gelehrt wurden.Kommunionsempfang unter einer Gestalt ist ausreichend.Propositio haeresi proxima
c. De fide divinaWahrheiten, die von Gott geoffenbart wurden, obwohl keine dogmatische Erklärung seitens der Kirche darüber vorliegt.Christus verkündete vom Anfang seiner Mission an, dass er der Messias ist.Haeresim sapiens lub de haeresi suspecta
2. Fides ecclesiasticaWahrheiten, die von der Kirche gelehrt werden (veritates catholicae), aber nicht direkt geoffenbart wurden. Sie werden mittelbar aus der Offenbarung deduziert.
a.Sententia fidei proximaDer geoffenbarte Charakter dieser Wahrheit wird durch alle Theologen und durch die Kirche anerkannt. Jedoch ist diese Ansicht nicht unfehlbar.Christus hatte während seines gesamten irdischen Lebens Anteil an der visio beatifica.Propositio erronea oder error
b. Ad fidem pertinens, theologice certaEine Wahrheit, die im inneren Zusammenhang mit der geoffenbarten Wahrheit steht.Rechtmäßigkeit des Pontifikats des Pius XI.Propositio erronea oder error
c.Sententia communisEine Wahrheit, die von der Mehrheit der Theologen, bei schweigender Zustimmung der Kirche vertreten wird. Eine Diskussion über den dogmatischen Status ist möglichDie wahre und unmittelbare Wirkung der Sakramente.Propositio temeraria
d.Sententia probabilis lub probabiliorEine Wahrheit, für die die besseren Argumente sprechen. Eine freie Diskussion darüber ist möglich.Judas hat bei dem Letzten Abendmahl die Kommunion empfangen.
e.Sententia piaEine fromme Meidung über ein Thema, ohne doktrinelle Gewissheit.Muttergottes ist die Braut des Heiligen Geistes.
f.Sententia tolerataEine von der Kirche tolerierte Meinung, die jedoch nicht empfohlen wird.Das Ruhen im Geist kommt von Gott.

Wie Sie sehen ist zwischen einer Sententia haeretica und Propositio temeraria viel Luft.

Was ist eine Häresie?

Laut Tanquerey (Synopsis theologiae dogmaticae, Bd. II, 117-118) ist

[…] eine häretische Behauptung (sententia haeretica) diejenige Behauptung, welche direkt (directe) und unmittelbar (immediate) der katholischen Wahrheit als (i) konträr (contrarie) und (ii) kontradiktorisch (contradictorie) widerspricht.

Für den Fall, dass die Glaubenswahrheit lautet:

“alle Menschen werden auferstehen”

lautet die (i) konträre Behauptung (propositio contraria):

„kein Mensch wird auferstehen“.

Die (ii) kontradiktorische Behauptung (propositio contradictoria) hingegen lautet:

“ein gewisser Mensch wird nicht auferstehen”.

Die Bezeichnungen (i) konträr (contraria) und (ii) kontradiktorisch (contradictioria) stammen aus der Formallogik. Im Falle (i) geht es um (wenn nicht p, dann nicht q), im Falle (ii) (wenn nicht q, dann nicht p).

Sowohl (i) als auch (ii) sind häretisch, weil in beiden Fällen direkt (directe) und unmittelbar (immediate) eine katholische Wahrheit negiert wird. Damit eine Aussage als häretisch verurteilt werden kann, muss (ii), d.h. eine kontradiktorische (contradictoria) Behauptung und nicht lediglich eine konträre (contraria) Behauptung auftreten.

Für den Fall, dass eine Glaubenswahrheit aus mehreren Elementen besteht, bedeutet das Negieren eines Bestandteiles dieser Glaubenswahrheit das Negieren der gesamten Wahrheit. Nennen wir ein Beispiel:

Christus (A) ist wahrer Gott, (B) wahrer Mensch, (C) geboren aus (D) der Jungfrau Maria.

in diesem Falle ist das Negieren jedes der Bestandteile (A) bis (D) das Negieren der gesamten Aussage, da die Bestandteile formallogisch mit Konjunktionen (Und-Verknüpfung) und mit keinen Alternativen (Oder-Verknüpfung im Sinne von “entweder-oder”) verbunden sind.

Denn man kann nicht behaupten, dass Christus zwar ein wahrer Gott (A) und wahrer Mensch (B) war, aber aus keiner Jungfrau (nicht D) geboren wurde. Anders ausgedrückt die Negation von D kippt das Ganze.

Glaubt doch was ihr wollt!

Man kann natürlich an dieser Stelle die Frage stellen:

Und was hat das mit Ratzinger zu tun?

Bei Ratzinger sind bislang DSDZ ebenfalls keine Häresien, in dem oben angegebenen engen Sinne, aufgefallen. Die Dame hat also recht. Aber Ratzinger erfüllt die Tatbestandsmerkmale aller weiteren Zensuren von Propositio haeresi proxima bis Propositio temeraria. Keine Höchststrafe also, kein Verbrechen aber viele Vergehen. Somit hat die Dame Unrecht, denn es gibt bei ihm viele Sätze, “die dem Glaubensgut der Tradition widersprechen”.

Wenn aber jetzt jemand denken sollte, dass – da es keine Häresie ist – alles in Ordnung sei, so muss man dem widersprechen. Auch wenn Sie keine Höchststrafe erhalten, so haben sie eine Straftat begangen. Wenn jemand in seiner Ehe als Ehebruch nur Vaginalverkehr mit einem Mann außerhalb der eigenen Familie bis zum siebten Verwandschaftsgrad ansieht, alles andere aber als kein Ehebruch gelten lässt, so schadet doch dieses tolerierte Fremdgehen, von der einen Ausnahme abgesehen, kurz oder lang der ehelichen Gemeinschaft.

Ratzinger hat das Papsttum mit den Füßen getreten, Bergoglio den Weg geebnet und zu dessen Missetaten geschwiegen. Aus der Perspektive eines gläubigen konservativen Katholiken sind diese Taten nicht nachvollziehbar. Wenn man aber annimmt, dass Ratzingers glaube immer sehr Wirrwarr und wenig mit dem katholischen Glauben gemeinsam hatte, dann sind seine Taten weniger widersprüchlich und recht konsequent. Ratzinger sagte ja mehrmals, dass er selbst, sich immer treu geblieben ist. Das mag wirklich sein.

Wenn es so ist, warum ist es denn keinem aufgefallen?

Aus denselben Gründen, warum kein Hierarch Franziskus der Häresie geziehen hat:

  1. Sie haben Angst um ihre Posten.
  2. Sie haben die gleichen Ansichten.
  3. Es ist ihnen egal.
  4. Sie haben von Theologie keine Ahnung.

Während aber die Irrtümer Bergoglios offensichtlich sind, waren die Irrtümer Ratzingers verklausuliert und versteckt. nicht jedem sind sie aufgefallen und nicht jeder war, wies Spadafora, mutig. man wollte sich mit dem Startheologen nicht anlegen, der dazu noch sehr viel Macht in der Kirche hatte.

DSDZ ist manchmal sehr entmutigt, wenn er Benedikt huldigen der Kommentare liest, die ihn als einen großen Theologen bis zum Kirchenlehrer hin bezeichnen. die Wahrheit ist leider eine andere, aber sie will nicht in die Köpfe hinein. Warum? Weil man nicht sich selbst, wie die oben zitierte Dame, infrage stellen möchte, denn würde sich Ratzinger irren, so müsste ich mich auch irren.

Ratzinger und andere Modernisten, denn er war leider einer, haben den Glauben dermaßen verfälscht, dass man nicht mehr katholisch ist, ohne es zu merken. Und das war eben das Meisterstück des Konzils. Man behielt immer noch die katholische Fassade, obwohl man im Inneren alles umstellte.

Die weiteren Teile dieses Zyklus sollen beweisen, wie wirr Ratzingers Theologie wirklich war.

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