
Ad b. Ist Selbstzentriertheit modern nachcartesianisch?
Als der arme René Descartes (1596-1650) sein berühmtes Cogito ergo sum aufschrieb, so dachte er wohl nicht, dass er in diesem Moment allen Menschen einen Freibrief für das Kreisen um sich selbst ausstellte. Dem Schreiber dieser Zeilen sind wirklich alle philosophischen Implikationen und Hintergründe des cartesianischen Denkens bekannt, er hatte mehr als einmal darüber doziert, wir wollen uns aber hier nicht damit aufhalten, was Descartes eigentlich schreibt und meinte, sondern wie es breit aufgenommen wurde. Es wurde so aufgenommen, dass das Subjekt nicht nur seine eigene, sondern die Welt überhaupt schafft.
Der Durchbruch des Individuellen, des Subjektivismus, des Individualismus bis zum Solipsismus, wonach nur das Subjekt existiert und sich seine Welt [aus]denkt. Wenn ein deutscher Theologe „modern“ sagt, dann meint er eben nachcartesianisch, wo sich alles um das Dünken des jeweiligen Subjekts dreht.
„Mein Ich ist wichtig“,
sagt man.
„Ich bin wichtig, weil ich ich bin“.
Die traditionelle katholische Philosophie, der thomistische Realismus sagt aber:
„Du bist ein Nichts vor Gott und ansonsten ist auch nicht viel mit Dir los. Du bist nur ein Teil eines hierarchischen Ganzen und Dein Wert hängt von Deiner Stellung in dieser Hierarchie ab und von Deiner Ausrichtung nach dem objektiv Guten“.
„Unmöglich!“,
sagt der moderne Mensch, der seitdem unentwegt um sich selbst kreist. Der Subjektivismus wurde natürlich durch die protestantische Reformation vorbereitet und er kam kunstgeschichtlich erst in der Romantik zur Geltung, mit all den Revolutionen und der grauenhaften Vormärz Ära, mit der wir seit der marxistischen Frankfurter Schule im Deutschunterricht gemartert werden. Mit Descartes wurde die Selbstzentriertheit philosophisch untermauert und salonfähig gemacht, was sei 1962 in die Kirche hinüber schwappte und mit Franziskus’ Amoris Laetitia samt Kommunion für Ehebrecher von DBK verabschiedet, endete. Vielleicht ist diese Selbstzentriertheit, welche unsere junge amerikanische Autorin an den Tag legt, einfach unsere moderne Bürde, welche so selbstverständlich ist, dass wir sie gar nicht wahrnehmen? Wenn wir aber wirklich nichts Objektives haben woran wir uns ausrichten können, so ist es auch nicht verwunderlich. Denn:
- Keine einheitliche, objektivierende Philosophie.
- Keine einheitliche, objektivierende Metaphysik.
- Keine einheitliche, objektivierende Religion.
- Kein einheitliches, objektivierendes Recht.
Um an dieser Stelle Goethes Genialisch Treiben zu zitieren:
So wälz’ ich ohne Unterlaß
Wie Sankt Diogenes mein Faß.
Bald ist es Ernst, bald ist es Spaß;
Bald ist es Lieb, bald ist es Haß;
Bald ist es dies, bald ist es das;
Es ist ein Nichts und ist ein Was.
So wälz’ ich ohne Unterlaß
Wie Sankt Diogenes mein Faß.
Dieses Treiben ist aber nicht „genialisch“, sondern durch und durch relativistisch, sowie wohl sehr ermüdend, besonders, wenn sich „ein Nichts“ und „ein Was“ abwechseln. Es gibt wirklich keinen besseren Weg jemanden zu manipulieren, als ihm oder ihr vorzugaukeln, wie wichtig er oder sie sei und wie sehr wir, da wir in seinem oder ihrem Schatten sind, ihm oder ihr dienen wollen. Nur zu seinem oder ihrem Besten, natürlich. Da der dumme Mensch denkt, dass er das Maß aller Dinge ist, so kann der Teufel ihn an der Nase führen. „Du bist ja so wichtig, Du bist ja so viel wert…“
Unterstützen Sie uns!
Falls Sie diesen Beitrag wertvoll fanden und einen Gegenwert Ihrerseits beisteuern möchten, so können Sie uns etwas spenden.
Kommentar- und Printfunktion nur für Abonnenten.