
Sollten Sie, liebe Leserin und lieber Leser, ihre Kirche oder Kapelle (nicht bei der FSSPX), in der Sie zur Tridentinischen Messe gehen, geschlossen gefunden haben, dann liegt es daran, dass dort sofort Traditionis Custodes – ‘Wächter der Tradition” oder eher Traditionis Destructores – “Zerstörer der Tradition” umgesetzt wurde. Dies ist auch richtig so, weil dieses Dokument, keine Legisvakanz vorsieht.
Was ist Legisvakanz?
Dies bedeutet in der Rechtssprache den Zeitraum zwischen der Verkündung eines Gesetzes und seinem Inkrafttreten. Noch einfacher ausgedrückt:
- Das Gesetz wird z.B. am 1.01.2022 verabschiedet.
- Es tritt aber erst am 1.05.2022 in Kraft.
- Wenn man es ab dem 1.05.2022 nicht befolgt, dann macht man sich strafbar.
- Wenn man es zwischen 1.01. und 30.04.2022 nicht befolgt, dann macht man sich nicht strafbar.
Dazwischen herrscht die Legisvakanz, was dem Umstand der Vorbereitung dient. Man muss sich auf das neue Gesetz vorbereiten und das alte gleichsam ausklingen lassen. Stellen Sie sich vor man würde jeden Eigenheim verpflichten auf seinem Dach eine Windmühle aufzustellen.
Geht das von heute auf morgen? – Nein.
Man braucht Zeit, damit man nicht in die Illegalität schlittert. Wenn Sie jedoch solch ein Gesetz am Freitag verkünden und keine Legisvakanz geben, dann sind alle Dächer ohne die Windmühle gleich nach der Verkündigung des Gesetzes illegal und die Besitzer können bestraft werden.
Und genau das hat Bergoglio gemacht. Traditionis Custodes hat keine Legisvakanz, es gilt ab Freitag dem 16.07.2021 und zwar deswegen, damit man heute, am 18.07.2021 keine Tridentinische Messe legal oder lizit, wie man in der Kirchensprache sagt, feiern kann. Sicherlich haben kaum Priester am Freitag die notwendige Eingabe an ihren Bischof gemacht (Art. 5).
Art. 5. Priester, die bereits nach dem Missale Romanum von 1962 zelebrieren, sollten beim Diözesanbischof die Erlaubnis beantragen, diese Befugnis weiterhin genießen zu dürfen.
Jetzt ist aber Wochenende, keiner arbeitet, so geht es nicht, selbst, wenn man es wollte. Manche Messorte haben schon abgesagt, denn die Zelebration in Pfarrkirchen (Art. 3 § 2).
§ 2. er soll einen oder mehrere Orte zu bestimmen, an denen sich die Gläubigen dieser Gruppen zur Eucharistiefeier versammeln können jedoch nicht in den Pfarrkirchen und ohne Errichtung neuer Personalpfarreien;
Natürlich gibt es eine Legisvakanz in der Kirche:
Auch das katholische Kirchenrecht kennt eine Legisvakanz, in der Kanonistik vacatio legis genannt. Diese ist in can. 8 CIC/1983 geregelt. Danach treten universalkirchliche Gesetze in der Regel drei Monate nach ihrer Promulgation (can. 8 § 1 CIC), partikulare Gesetze einen Monat nach dem Tag ihrer Promulgation (can. 8 § 2 CIC) in Kraft.
Ist denn Traditionis Custodes überhaupt legitim, wenn es keine Legisvakanz vorsieht?
Wenn Sie annehmen, dass Franziskus der Papst ist, was wir bestreiten, dann ja, wenn Sie es verneinen, dann nein. Denn der Papst als der höchste Gesetzgeber der Kirche braucht sich an keine Form oder Legisvakanz zu halten. Dennoch ist diese Entscheidung legitim, denn das Kirchenrecht sieht auch Fälle ohne Legisvakanz vor:
Can. 8 — § 1. Allgemeine kirchliche Gesetze werden durch Veröffentlichung im offiziellen Publikationsorgan Acta Apostolicae Sedis promulgiert, wenn nicht in einzelnen Fällen eine andere Promulgationsweise vorgeschrieben ist; sie erlangen ihre Rechtskraft erst nach Ablauf von drei Monaten, von dem Tag an gerechnet, der auf der betreffenden Nummer der Acta Apostolicae Sedis angegeben ist, wenn sie nicht aus der Natur der Sache sogleich verpflichten oder im Gesetz selbst eine kürzere oder längere Gesetzesschwebe besonders und ausdrücklich festgesetzt ist.
Was tritt den sofort in Kraft?
Dogmen beispielsweise oder dogmatische Erklärungen. Aber dies kann kaum auf kirchenrechtliche Entscheidungen zutreffen.
§ 2. Partikulare Gesetze werden auf die vom Gesetzgeber bestimmte Weise promulgiert, und ihre Verpflichtungskraft beginnt einen Monat nach dem Tag der Promulgation, wenn nicht ein anderer Termin im Gesetz selbst festgesetzt wird.
DSDZ (der Schreiber dieser Zeilen) weiß derzeit nicht, ob es vor Traditionis Custodes, vom “Gott der Überraschungen” bewirkt, überhaupt im Zivilrecht oder Kirchenrecht Fälle gab, wo keine Legisvakanz vorgesehen wurde. Wohl kaum, denn das würde Chaos auslösen und allgemeine Verunsicherung, was ja Bergoglio damit erreichen wollte. Überraschungsangriffe sind eine Kriegstaktik, doch dem Rechtswesen sind sie eher fern. Es ging einfach darum den Anhängern der Alten Messe zu zeigen, dass sie Nichts sind und nichts können. Traditionis Custodes soll Chaos bringen, eine Illegitimität, ein Schisma, denn es ist sehr unpräzise und daher unpraktikabel. Weil dieses Gesetz so unpräzise ist, daher kann man nicht sich buchstabentreu daran halten, selbst dann, wenn man es wollte. Die Bischöfe werden immer anklagbar sein und immer am Rande der Legalität stehen oder auch nicht, je nachdem, welche Ansichten sie haben. Das ist ja das Besondere am Franziskus-Pontificat: zwei Bischöfe decken Missbrauchstäter, der Konservative wird abgesetzt, der Liberale beibehalten. Unter Johannes Paul II war es umgekehrt unter Benedikt XVI, sodass das Kirchenrecht auf dem Papier blieb, siehe Köln.

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