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Da die nächste Fastenzeit mit großen Schritten über uns hereinbricht , so wollen wir ein wenig über das katholische Fastenverständnis schreiben. Insbesondere darüber, wie das Fasten vor Vat. II vorgeschrieben wurde.
Was ist Fasten?
Fasten (jejunium) auch abstinentia genannt, gehört neben der Nüchternheit (sobrietas) und der Keuschheit (castitas) zu den Verhaltensweisen, welche die Tugend der Mäßigkeit (temperantia) umfasst.[1] Anders ausgedrückt bedeutet dies, dass jemand, der mäßig ist, sich durch das Fasten im Bereich des Essens, durch die Nüchternheit im Bereich des Trinkens der alkoholischen Getränke und durch die Enthaltsamkeit im Bereich der sexuellen Begierden auszeichnet. Schon die Stoiker meinten, dass die Tugend die eine (mía) sei, dass sie einheitlich (monadiké) ist. Sie nahmen an, dass die eine, einzige Tugend – areté – in verschiedenen Lebensbereichen zutage tritt, sodass jemand entweder die ganze Tugend besitzt oder sollten ihm irgendwelche Teiltugenden fehlen, über keine Tugend verfügt. Aristoteles, dem hl. Thomas von Aquin in seiner Tugendlehre folgt, ist da weniger rigoros und unterscheidet eigenständige Tugenden.
Mäßigkeit ein Hardskill
Dennoch können wir sagen, dass die stoische Tugendlehre, der einen einzigen Tugend, die sich auf verschiedene Lebensbereiche verteilt, nirgends besser zur Geltung kommt als in der Lehre über die Mäßigkeit (temperantia). Denn Mäßigkeit oder wie wir heute sagen würden Selbstdisziplin ist eine “Fertigkeit, Fähigkeit oder Fachkönnen”, auf Englisch skill, die man immer wieder anwenden kann, wenn man weiß, wie es geht.
Das englische Wort skill hat sich in der denglischen Berufssprache schon lange eingebürgert, wo man zwischen den Hardskills (z.B. Bedienung eines Baggers) und den Softskills (z.B. verärgerte Kunden besänftigen können), unterscheidet. Wendet man diese Unterscheidung auf die Mäßigkeit (temperantia) an, so gehört diese eher zu den Hardskills als den Softskills. Denn kann man sich in einem Bereich mäßigen oder beherrschen, so kann man diese Fertigkeit auf andere Bereiche übertragen ebenso wie man die Bedienung eines Baggers auf einen anderen Bagger übertragen kann. Alles eine Frage der Technik.

Daher ist es nicht verwunderlich, dass Menschen, die sich beim Essen einschränken können, ebenso bei Alkohol und Sex dazu in der Lage sind. Andererseits verweist Unmäßigkeit in einem Bereich auf Unmäßigkeit in anderen Bereichen. Sie werden kaum einen Triathleten finden, der auf der Couch mit Bier und Chips bis zum Umfallen Netflix-Serien schaut. Das englische Wort dafür heißt Binge-Watching. Wie wird man maßvoll? Indem man Mäßigkeit (temperantia) praktiziert, nicht dadurch, dass man darüber liest.
[1] Müller, Ernest, Theologia moralis, Bd. II, Wien 1894, 481.

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