Tradition und Glauben

Warum wird das Johannesevangelium so gehasst?

Johannes, Johannesevangelium, Johannesprolog und ihre Hintergründe.
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Die Antwort ist wie immer einfach. Das Johannesevangelium wurde und wird deswegen von allen Häretikern gehasst, weil die Dämonen es hassen, wie bereits hier dargestellt wurde.

Und woher wissen wir, was die Dämonen hassen?

Das können wir anhand der Inhalte der Exorzismen eruieren, denn das, was in den Exorzismen enthalten ist, ist auch antidämonisch, das Fachwort dafür lautet apotropäisch, wirksam.

In dem lesenswerten Buch von Ferdinand Probst, Sakramente und Sakramentalien in den drei ersten christlichen Jahrhunderten (Tübingen 1872) wird eindeutig dargelegt, dass die Struktur des Großen Exorzismus schon im dritten Jahrhundert zu 70% feststand.[1]

Es ist also nicht auszuschließen, dass der höchst wirksame Johannesprolog, worüber wir schon hier geschrieben haben, schon damals einen Teil des Exorzismus ausmachte, wie es jetzt oder seit der Einführung des Rituale Romanum (1560) der Fall ist.

Liturgisch nachgewiesen ist das Umschwenken auf den Prolog des Johannesevangeliums, dessen antidämonische Wirkung immer mehr sichtbar wurde, im 12. Jahrhundert. Wie Adolph Franz angibt:

Sie [Lesungen aus den Evangelien] wurden aber bald fast ganz ausgeschaltet und dafür seit dem zwölften Jahrhundert zunächst der Anfang des Johannesevangeliums […] eingesetzt.

Dieselben […] haben vielmehr nur die Bedeutung eines Abwehr mittels gegen Gefahren und Dämonen. Eine solche apotropäische Kraft hat schon das christliche Altertum angenommen.

[…] Den Vorzug gab man von alters her dem Anfange des Johannesevangeliums, welchen man wegen seiner christologischen Lehre besonders verehrte und als wirksames Mittel gegen dämonische Anfechtungen und Wetterschäden betrachtete. Es wurde darum auch zur Abwehr elementarer Schäden in den Sommermonaten nach der Messe gelesen.

Aus dieser zunächst lokalen Observanz hat sich die erst im 15. Jahrhundert allgemein gewordene Sitte, diesen Evangelium Anfang nach jeder Messe zu lesen, herausgebildet seit der Herausgabe des MR [Missale romanum] ist dies unter gewissen Ausnahmen vorgeschrieben.[2]

[…] Die größere Wertschätzung des Anfangs des Johannesevangeliums zeigte sich auch darin, dass man ihn an der Spitze der [exorzistischen] Formeln stellte.

Im 12. Jahrhundert scheint es also einen Durchbruch, was die allgemeine liturgische Verwendung des Johannesprologs anbelangt, gegeben zu haben. Dazu schreibt Michael Fiedrowicz:

„ [es] wurde hierdurch nur ein Brauch geregelt und kodifiziert, der schon weitaus älter war. Das Schlussevangelium findet sich erstmals 1256 in den Missalien des Dominikaner-Ordens, wo es der Priester nach der Privatmesse bei Ablegen der Paramente oder auch anschließend sprach.

Der Brauch der Verlesung verbreitete sich im 13. Und 14. Jh., insofern viele Gläubige nach der Messe verlangten, diesen Prolog zu hören, dem zunächst eine besondere Segnungsfunktion zuerkannt wurde. Der darüber hinaus aber auch von seinem Inhalt her bestens geeignet war, zum Abschluss der Opferfeier noch einmal den Glauben an das göttliche Wort, seine Menschwerdung und sein Wirken voll Gnade und Wahrheit dankbar zu bekennen“[3]

Prof. Fiedrowicz schämt sich wohl das Wort „Exorzismus“ in den Mund zu nehmen, sodass er von einer „besonderen Segnungsfunktion“ schreibt. Dazu zitieren wir uns selbst:

Da Prof. M. Fiedrowicz nolens volens trotz allem dem nachkonziliaren Mainstream angehört, so verwendet er eine Wortwahl, die wir doch ein wenig übersetzen müssen.

  • Der Johannesprolog ist also als Schlussevangelium spätestens 1256 nachweisbar, da man damals aber recht spät etwas aufschrieb, da Pergament/Papier sehr teuer waren – noch dazu waren die Missale mit Buchmalereien verziert -, so muss man davon ausgehen, dass dieser Brauch viel früher üblich war.
  • Warum „verlangten“ Gläubige danach? Weil sie eine heiligende Wirkung spürten, vielleicht eine antidämonische.
  • Da die Exorzismen zu den Benedictiones – d.h. den Segnungen der Kirche sensu lato gehören, indem sie die Adiurationes – Beschwörungen bilden[4], so kann man nicht ausschließen, dass es sich bei den „Segnungsfunktionen“ um Exorzismen handelte.

Hl. Johannes hatte, wie allseits bekannt, sein Evangelium gegen die Gnostiker geschrieben, welche die Menschwerdung Christi leugneten. Sein Evangelium stellt sozusagen die theologische Synthese unter dem Aspekt der Menschwerdung Gottes und der Göttlichkeit Christi dar, was natürlich nicht in Frage stellt, dass hl. Johannes eine historische Person gewesen ist, die das, was er beschreibt, auch erlebte.

DSDZ hat in seinem Studium gelernt, dass es drei Autoren des Johannesevangeliums oder drei „Johannesse“ gegeben hat:

  1. Den tatsächlichen Jünger Christi
  2. Den Tempel-Johannes
  3. Und noch einen dritten oder so

Wer sich für diese Hirngespinste, hauptsächlich von Bultmann, interessiert, kann darüber beispielsweise bei Ratzinger[5] nachlesen oder er tut es besser nicht, sondern spendet das Geld für uns.

Da das Studium von DSDZ schon eine Weile her ist, so können noch mehrere „Johannesse“ von denen sicherlich einer eine Frau war oder es sein sollte hinzugekommen sein. DSDZ ist da tatsächlich nicht mehr auf dem Laufenden, aber vom LGTBQ-Aspekt abgesehen, wird sich wohl seit der Lamentabili-Verurteilung (1907) wenig geändert haben.

Was wurde konkret in Lamentabili verurteilt?

16. Die Erzählungen des Johannes sind nicht eigentlich Geschichte, sondern eine mystische Betrachtung des Evangeliums; die in seinem Evangelium enthaltenen Reden sind theologische Betrachtungen über das Geheimnis des Heiles, die der geschichtlichen Wahrheit entbehren. (DH 3416)

17. Das vierte Evangelium übersteigerte die Wunder nicht nur, damit sie noch außergewöhnlicher erschienen, sondern auch, damit sie geeigneter würden, das Werk und die Herrlichkeit des Fleischgewordenen Wortes zu veranschaulichen. (DH 3417)

18. Johannes beansprucht für sich zwar die Rolle eines Zeugen für Christus; in Wahrheit jedoch ist er nur ein hervorragender Zeuge für das christliche Leben bzw. das Leben Christi in der Kirche im ausgehenden ersten Jahrhundert. (3418)

Wie wir sehen, ist das, was wirklich überall auf den katholischen Fakultäten auf der Welt als „gut katholisch“ über hl. Johannes gelehrt wird, zwar modernistisch, aber nicht modern, denn es kommen wirklich keine neuen Ideen, um den armen hl. Johannes zu verunglimpfen.

Clemens von Alexandrien (gest. 215) nannte Häretiker „Eunuchen“, weil sie nicht in der Lage sind Wahrheit zu zeugen. Sehr treffend und anschaulich formuliert.

Warum kann man nicht einfach annehmen, dass Johannes der Verfasser des ganzen Johannesevangeliums und der Offenbarung ist?

Weil dies „unwissenschaftlich“ wäre und diejenigen, die die wundersame Vermehrung der „Johannesse“ in Frage stellen, keine Stellen in der Kirche erhalten. Darum.

Es gibt aber auch einen weniger pragmatischen Grund. Man stellt die Autorschaft des hl. Johannes deswegen in Frage, weil man nicht einnimmt, dass ein einziger Mensch dermaßen gut und tiefgründig schreiben kann. Dies wäre zu einfach, es muss also mehrere geben, nach der Logik des Liedes „Der Mörder ist immer der Gärtner“ von Reinhard Mey.


[1] Ebd., § 11-14, S. 43-62, insbesondere § 13, 51-56.

[2] Franz, Adolf, Die kirchlichen Benediktionen in Mittelalter, Bd. 2, Bonn 2006, 57-58.

[3] Fiedrowicz, Michael, Die überlieferte Messe. Geschichte. Gestalt. Theologie, Mühlheim 2011, 122-123.

[4] Müller, Theologia moralis, Vol. III, Wien 1895, 539-542.

[5] Ratzinger Joseph/Benedikt XVI., Jesus von Nazareth. Erster Teil. Von der Taufe im Jordan bis zur Verklärung, Kap. 8, 1. Einführung: Die johanneische Frage, 260-280.

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