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Pferde fliegen oder die wissenschaftliche Gewohnheit
Hl. Thomas von Aquin war nicht nur hochintelligent, sondern auch lebensklug, da er seine überragende Intelligenz so lange vor seinen Mitbrüdern versteckte bis es nicht mehr ging. Er galt also als dumm, schweigsam und sehr naiv, sodass seine Mitbrüder ihn gerne aufzogen. Es wird eine Anekdote überliefert, wo man hl. Thomas sagte:
Schau, ein fliegendes Pferd!
worauf der Aquinate instinktiv aus dem Fenster schaute, sehr zu Belustigung seine Mitbrüder, denen er würdevoll antwortete:
Ich glaube eher, dass Pferde fliegen als dass Dominikaner lügen.
Vielleicht war dieses instinktive Schauen aus dem Fenster kein Beweis für die Demut oder Naivität des Heiligen, sondern die Fortführung seines intellektuellen Wesens, das mathematisch-logisch ausgelegt war. Denn in der Mathematik können Sie nicht lügen. Sie können falsch rechnen, einen falschen Rechenweg wählen, eine falsche Formel verwenden, sich verrechnen oder von einer falschen Prämisse ausgehen, aber das ist kein Lügen. Eine 2 ist eine 2 und keine 45,24. Eine Division ist auch das, was sie ist und keine Subtraktion. Jegliches wissenschaftliche Arbeiten oder jede Wahrheitssuche setzt voraus, dass das, was man dort angibt, wirklich stimmt. Sonst ist überhaupt kein Diskurs möglich. Wenn Sie aus einem Werk zitieren, so setzt es woraus, dass:
a. dieses Werk tatsächlich existiert,
b. sie es tatsächlich in der Hand gehalten haben,
c. das Zitat richtig zitiert wurde,
d. die Seitenangaben stimmen.
Da Sie es angeben, so können es alle, die es wollen, überprüfen. Natürlich gab es auch Lügen und Affären in jedem Bereich der Wissenschaft, aber über kurz oder lang, kann man es schon verifizieren und Hochstapler verlassen die akademische Gemeinschaft. Da hl. Thomas von Aquin ständig wissenschaftlich arbeitete, so ging er instinktiv davon aus, dass das, was man im sagte auch wirklich stimmt.
Im Sinne eines Prima facie– oder Augenscheinsbeweises in der Jurisprudenz. Der Richter nimmt mit seinen eigenen Sinnesorganen die Tatsachen fest, wie das Ansehen eines Videofilms oder einer Unfallstelle. Wenn man ständig wissenschaftlich arbeitet, wie Sheldon Cooper aus der Bing Bang Theory, dann ist man wenig mit dem Konzept der Lüge vertraut, weil man gleichsam aus Gewohnheit in seinem außerwissenschaftlichen Alltag wahrhaft lebt und nach der Wahrheit sucht. Man denkt nicht instinktiv daran, dass man ständig belogen und hinters Licht geführt wird. Ist man jedoch Anwalt, Richter oder Staatsanwalt, so denkt man instinktiv anders, dass “jeder Mensch ein Lügner ist” (Ps. 115 ), wie der Psalmist sagt.
Lügender Papst oder Deutung per Umkehrschluss
Katholiken sind wie Sheldon Coopers, weil sie instinktiv glauben, dass ihre Hirten sie nicht belügen. Man rechnet schon damit, dass man nicht die ganze Wahrheit erfährt, dass sie beschönigt wird, dass sich dort auch Irrtum und Falsches beimischen, aber nicht, dass man einen einfach zu überprüfenden Sachverhalt mutwillig falsch darstellt, was lügen ist.
Für DSDZ war die Lektüre von Benedikts Einlassungen, wo es wirklich von lügen nur so wimmelt, ein derartiger Schock, dass es ihn selbst verwundert. Er hielt von Ratzinger/Benedikt XVI. auch nicht vorher allzu viel, sodass er keinen persönlichen Helden verlor. Er dachte aber, dass Benedikt doch immer im guten Willen handelte und doch ein ethischer Mensch war. Aber dieses Bild ist nach den Einlassungen nicht mehr haltbar und legt den Gedanken nahe, dass es immer so gewesen ist. Nein, nicht nur falsche Theologie, Bequemlichkeit und fehlende Tapferkeit, aber einfach Lüge.
Was hat davon, was Benedikt uns sagte überhaupt gestimmt?
Dass er deswegen weiß trägt, da bei seiner Abdankung keine schwarze Soutane vorhanden war, was sich seit 9 Jahren nicht geändert hat, ist ja ebenfalls eine Lüge. Und wir sprechen von einem Papst, der ob Emeritus oder nicht, früher als Glaubenspräfekt, einfach die höchsten Instanz der Glaubwürdigkeit ist und war. Vielleicht freut ihn einfach die Möglichkeit uns ins Gesicht zu lügen, weil wir es als “gute Katholiken” ohne schlucken werden. Irgendwie ist es auch ein wenig befreiend, wenn man feststellt, dass man nicht zu dumm ist, sondern die ganze Zeit angelogen wurde. Man darf Benedikt überhaupt nicht glauben, sondern muss alles, was er sagte, in Frage stellen. Gehen wird jetzt diese wichtigen Aussagen mal durch:
Betet, dass ich nicht von den Wölfen davonlaufe.
Bedeutet:
Es gibt keine Wölfe, alles ist gestellt und wir sind ein Team. Ich werde zurücktreten, wenn die Zeit reif ist.
Ich trete als Papst zurück.
Bedeutet:
Ich trete nicht zurück und blockiere Franziskus die Standesgnade. Gehört alles zum Plan.
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Es muss nicht unbedingt sein, dass Benedikt immer lügt. Manchmal sagt er auch die Wahrheit, siehe Einlassungen, dass er zum Beispiel der Erzbischof von München gewesen ist. Aber Benedikt ist auch kein guter Lügner, der jemand anderer hätte vielleicht bessere Einlassungen geschrieben, deren Argumentation stringenter ist, ohne ständig und wohl ungewollt ins Fettnäpfchen zu treten. Es ist dennoch wichtig auch das festzuhalten, was Benedikt nicht tut oder nicht sagt.
- Er sagt nichts Negatives über Bergoglio.
- Er bekämpft ihn nicht im Mindesten.
- Er scheint mit allem einverstanden.
Er stimmt wohl genauso wenig, dass er jetzt über nichts informiert wird, wie er auch in München über alles informiert wurde. Benedikt ist einfach nur ein anderes dualistisches Erscheinungsbild der nachkonziliaren Kirche. Es heißt nicht umsonst: “teile und herrsche”. Man hat Katholiken in zwei Lager geteilt: die Benedikt-Fans und die Bergoglio-Fans, um jetzt den Ersteren durch die Einlassungen den Boden unter den Füßen wegzuziehen. Denn jetzt bleibt bloß zu leugnen oder zu lügen. Jeder, der auf Deutsch lesen kann, wird zwangsläufig zu der Überzeugung kommen, dass Benedikt lügt und kein guter Mensch ist. Skandalöser als sein Verhalten in München damals, sind seine Rechtfertigungen von heute, wo er es wirklich besser weiß und alle Mittel der Welt hat sich solche Fachleute zu holen, PR-Menschen, Anwälte, Kirchenrechtler, die ihn ins bessere Licht rücken würden. Wenn er es nicht tat, dann doch bewusst.
Lügender Papst als Argument gegen die göttliche Stiftung der Kirche
Da er weiterhin der Papst ist, so raubt sein Verhalten, vielmehr als das Bergoglios, den Restkatholiken den letzten Glauben an Papsttum als eine göttliche Einrichtung. Denn es ist etwas anderes über Alexander VI. zu lesen als Benedikts Lügen hier und jetzt zu erleben. Rodrigo Borgia hatte auch vorher einen schlechten Ruf und man kann wirklich nicht sagen, dass er jemanden moralisch enttäuschte, da er vor seiner Papstwahl als “Mozart der Theologie” galt. Benedikt aber schon. Viele dachten, dass wenn man sein vorpäpstliches und päpstliches Schreiben richtig wendet und aus der richtigen Perspektive beleuchtet, dann doch vielleicht ein Quäntchen Wahrheit findet. Jetzt können wir aber getrost davon ausgehen, dass vieles nicht nur falsch, sondern einfach gelogen war. Er kannte den faktischen Tatbestand und sagte bewusst das Gegenteil. Lügen ist nach Wikipedia:
Eine Lüge ist eine Aussage, von der der Sender (Lügner) weiß oder vermutet, dass sie unwahr ist, und die mit der Absicht geäußert wird, dass der Empfänger sie glaubt,[1] oder anders formuliert „die (auch nonverbale) Kommunikation einer subjektiven Unwahrheit mit dem Ziel, im Gegenüber einen falschen Eindruck hervorzurufen oder aufrecht zu erhalten [sic].“[2]
All das trifft auf Benedikts Einlassungen zu, wobei die Kommunikation durchaus verbal gewesen ist. Benedikt denkt narzisstisch nur an sich selbst. Ihm sind andere Menschen egal, die er enttäuscht, Gott und die Kirche ebenso, egal ist ihm Christus, der sich selbst als die Wahrheit bezeichnete und sein Leben für seine Lehre dahingab. Benedikt hat diesen Skandal bewusst verursacht, weil wohl dazu auch die Zeit gekommen ist. Kurz nach den Dubia zu Traditionis Custodes, kurz vor der geplanten Aufhebung der Ecclesia Dei Institute. Um den Leuten zu sagen:
Ihr sagt jetzt ganz allein. Ihr habt niemanden mehr. Benedikt ist ein Lügner!
Denn wenn es jemanden gab, der den Zeitpunkt der Veröffentlichung des WSW Gutachtens mitbestimmen konnte, so war es Benedikt, der so und so viel Zeit für seine 82 Seiten brauchte. Sicherlich ist es emotional von Vorteil Benedikt für den “guten Papst” und Franziskus für den “bösen Papst” oder Gegenpapst zu halten. Aber Benedikt ist nicht gut, er ist nur anders böse und durch den Anschein der Gutmütigkeit hat er mehr Schaden angerichtet als Bergoglio. Franziskus wird irgendwann einmal vorübergehen und in die Geschichte als ein häretischer Gegenpapst eingehen. Aber Benedikt wird derjenige sein, der ihm als Papst dazu verhalf und öffentlich gelogen hat. Denn immer jetzt, wenn man vom Papstamt, der päpstlichen Unfehlbarkeit, Papsttum als göttliche Institution und Assistentia negativa reden wird, kommt die Frage:
Aber Benedikt hat doch gelogen!
Diese Benedikt-Lüge wird sich so ins kollektive Bewusstsein Einsteinem wie die Nixon-Lüge für die Amerikaner, die wirklich im Gegensatz zu Benedikt harmlos gewesen ist, denn wer glaubt schon Politikern? Sind denn Päpste nicht auch Politiker? Das auch, aber auch viel mehr. DSDZ dachte unwillkürlich bei der Benedikt-Lüge an die Williamson-Affäre, wo er sich fragte, welches Verständnis Williamson doch von der Wirklichkeit hat, wenn er historische Fakten so leugnet. Wenn man ihm nicht im natürlichen Bereich glauben kann, der leicht nachprüfbar ist, wie verhält es sich denn mit dem übernatürlichen Bereich, der ja schwieriger einzusehen ist. Nach der katholischen Lehre haben ja die Hierarchen einen besseren Draht nach oben und je höher desto besser. Wenn Benedikt dermaßen im Natürlichen lügt, wie kann man ihm als Menschen und Papst im Übernatürlichen glauben? DSZD fragte sich oft, was in Benedikts Kopf wirklich vorgeht und jetzt sehen wir es alle schwarz auf weiß. Es spielt wirklich keine Rolle, ob er es alles selbst geschrieben hat, denn er hat es ja unterschrieben. Wenn man nicht instinktiv einem Papst glauben darf, dann ist es auch möglich, das Pferde fliegen. Was wohl hl. Thomas von Aquin dazu gesagt hätte?

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